Pressemitteilung

27.März 2014

Bullinger: Das von Grün-Rot geplante Jagdrecht ist voller Ideologie und verstößt gegen die Eigentumsrechte der Jäger

In einer von der FDP beantragten Aktuellen Debatte über das Thema „Das Jagdrecht im Visier der Landesregierung – mit ideologischer Verbotskultur schadet Grün-Rot dem ländlichen Raum“ sagte der Sprecher für den ländlichen Raum der FDP-Landtagsfraktion, Dr. Friedrich Bullinger: 

„Diese Aktuelle Debatte zur beabsichtigten Novellierung des Landesjagdgesetzes könnte nicht aktueller sein. Nachdem in über 37 Sitzungen des sogenannten Koordinierungskreises keine praktikablen Kompromisse erzielt worden waren, Minister Bonde immer wieder den Referentenentwurf zum Gesetz ankündigte und er zunächst den betroffenen Verbänden und dem Koordinierungskreis den Entwurf vorstellen wollte, erfahren sowohl die Jäger als auch die Landtagsabgeordneten nun die wesentlichen Punkte aus den Medien. Was ist das für ein Politikstil?

Ich halte dieses Vorgehen, Herr Minister, zumal Sie selbst Parlamentarier waren, für nicht in Ordnung gegenüber den Betroffenen, nicht in Ordnung gegenüber dem Koordinierungskreis und nicht in Ordnung gegenüber uns Parlamentariern. Nachdem nun eigentlich jeder den Entwurf erhalten hat, haben Sie diesen vorgestern offiziell öffentlich gemacht. Im Ergebnis spaltet das vorgelegte Werk alle Beteiligten.

Ihr Gesetzentwurf ist zwischen allen Fronten – die von Ihnen propagierte Politik des Gehörtwerdens ist etwas anderes. Ihr Entwurf ist ideologiebehaftet, in weiten Teilen schlicht nicht praktikabel und dazu noch eigentumsfeindlich.

Zunächst möchte ich an dieser Stelle den knapp 40.000 Hegern und Pflegern, sprich den Jägerinnen und Jägern, die aktiv Tierschutz und Landschaftspflege als staatlich anerkannte und geprüfte Naturschützer praktizieren, für ihren Einsatz danken. Diese schwätzen nicht, schreiben nicht nur Leserbriefe, theoretisieren oder ideologisieren grüne Extremmeinungen, stellen Forderungen auf Kosten anderer, nein, sie praktizieren konkreten Natur- und Umweltschutz. Mein Dank gilt auch dafür, dass Sie 365 Tage im Jahr – oft auch nachts – unterwegs sind, dass Sie hegen und pflegen, Biotope anlegen und dass Sie beispielsweise zu Tode gekommene Tiere ehrenamtlich und unentgeltlich von den Straßen entfernen. Sie ersparen der Allgemeinheit  dadurch Kosten in Millionenhöhe für Personal, das sonst die Kommunen und die Landkreise in Form neuer Stellen finanzieren müssten.

Weiter will ich klarstellen: wir leben nicht im Urwald, sondern in einem dicht besiedelten, hoch entwickelten Industrie- und Forscherland mit knapp 11 Millionen Mitbürgerinnen und Mitbürgern. Hier gilt das Prinzip leben und leben lassen, das heißt

es erfordert Natur und Umwelt im Kompromiss zu organisieren und die Kulturlandschaft –  nicht die Urlandschaft – durch Nützen und Schützen zu erhalten.

Bei der beabsichtigten Novellierung des Landesjagdgesetzes muss klar sein, dass das Jagdrecht und das Jagdausübungsrecht Bestandteile des grundgesetzlich geschützten Eigentumsrechts nach Art. 14 des Grundgesetzes sind. Den Rechtsinhabern – also den Grundeigentümern und den Jagdausübungsberechtigten – steht ein subjektives Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe zu. Einschränkungen dieser Rechte sind nur im Rahmen der von der Verfassung vorgegebenen Schranken zulässig.

Dies gilt sowohl für das Verbot bestimmter Jagdarten wie auch für die Ausbildung von Jagdhunden oder der Änderung von Jagdzeiten. Keinesfalls darf ein Fachrecht das Grundgesetz aushöhlen. Aber genau das haben Sie vor, ganz so wie es der zuständige Abteilungsleiter der rot-grünen Regierung in Nordrhein-Westfalen gesagt hat, ich zitiere: „Die Jagd müssen wir uninteressant machen, damit die Jäger die Lust verlieren“.

Anstatt das bewährte Landesjagdgesetz, das praktikabel ist und den Ansprüchen des Natur- und Tierschutzes entspricht, bei der einen oder anderen Stelle fortzuschreiben, versuchen Sie mit diesem Gesetz das Jagdrecht voll unter das Naturschutzrecht zu stellen und in vielen Bereichen fernab von naturwissenschaftlichen Erkenntnissen ideologische Ansätze dem Sachverstand vorzuziehen. Statt Eigenverantwortlichkeit setzen Sie auf Bevormundung. Der Entwurf ist ein Schlag ins Gesicht aller verantwortlichen und engagierten Jägerinnen und Jäger, die zukünftig nicht nur in ihren Eigentumsrechten in nicht vertretbarem Umfang eingeschränkt werden, sondern auch noch bevormundet und gegängelt werden sollen.

Die beabsichtigte Einführung eines staatlichen Wildtiermanagers in jedem Stadt- und Landkreis kostet nicht nur viel Geld und Personalstellen, sondern dieser von Ihnen verordnete ‚Bevormunder‘ macht die Jägerinnen und Jäger zu Mündeln und wird das ehrenamtliche Engagement vergällen. Es ist zu befürchten, dass sich immer weniger Menschen bereitfinden, angesichts dieser Entmündigung und Gängelung die Jagd überhaupt noch auszuüben.

Nicht nur die Jäger, sondern auch die Vertreter des Bauernverbands halten nicht viel von Ihrem Gesetzentwurf. Ich zitiere den Vizepräsident des Bauernverbands, Klaus Mugele, der sagte: „Die Novellierung des Gesetzes ist unnötig wie ein Kropf.“ Und: „In Stuttgart finden nur noch die Naturschützer Gehör“.

Wie schon bei der Aussprache zur Regierungserklärung, sind Sie Ihrer Linie des Überhörtwerdens treu geblieben – Ideologie vor Sachverstand und Praktikabilität, das ist Ihre Richtlinie. Nach dem Nationalpark, den Gewässerrandstreifen – auch so eine kalte Enteignung – geht es mit dem Jagdgesetz weiter. Nicht Eigenverantwortung und mündige Bürger sind bei Ihnen gefragt, sondern ideologische Verbotskultur und zahlreiche bürokratische Auflagen.

Ohne auf die einzelnen Punkte an dieser Stelle weiter einzugehen, nenne ich stichwortartig einige dieser weltfremden Ansätze:

Zum Beispiel: Paragraf 41, Jagd- und Schonzeiten, wo zwei Monate (März und April) Jagdruhe herrschen soll.

Hierzu ist zu sagen: der Jäger soll wohl im Wald spazieren gehen  und die Wildschweine auffordern, aufs Feld zu rennen, denn jetzt dürfe er sie noch bejagen?  Wie viel Weltfremdheit steckt denn da drin? Bis April sind die Schwarzkittel im Wald in guter Deckung, danach können sie sich ideal in Raps, im Weizen und im Mais bis kurz vor Weihnachten verstecken.

Oder das Verbot der Jagd auf Jungfüchse am Bau. Oder das Fütterungsverbot,

oder die Informationspflicht und die Diskussion mit wildernden Haustieren, für die man im Einzelfall Genehmigungen einholen muss, um sie von der Wilderei abzuhalten. Wer schon einmal die Schreie eines Rehes gehört hat, dem ein wildernder Hund Fleischfetzen herausreißt, würde eine solche Schwachsinns-Regelung nicht ins Gesetz aufnehmen.

Wo sind eigentlich bei der geplanten Ruhezeit die Einschränkungen für Mountainbiker, Reiter, Jogger und andere, die Natur Tag und Nacht in Unruhe bringen?

Selbst ein Wegegebot zur Nachtzeit für Waldbesucher fehlt, dies gibt es im hessischen Waldgesetz.

Noch ein Wort zur Wildschadensregelung, die weder sach- noch fachgerecht ist. Was kann ein Landwirt  dafür, wenn er bei ordentlicher Fruchtfolge 20 Prozent Mais anbaut und die zu 50 Prozent von Wildschweinen zerstört werden?

Er ist ausschließlich der Geschädigte und soll dafür zukünftig 20 Prozent des Schadens selbst tragen. Auch diese Regelung ist praxisfern und eigentumsfeindlich.

Ich fordere wie bereits im letzten Jahr eine umfassende Beratung und eine öffentliche Anhörung im Landwirtschaftsausschuss, damit der eine oder andere Blödsinn der jetzt darin steht, noch abgewendet werden kann.

Besser wäre, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, wenn Sie den für die Praxis unbrauchbaren Entwurf vor Einbringung im Hohen Haus Ihrem Jagdminister zurückschicken würden, vielleicht mit dem Hinweis, er möge das Papier einer thermischen oder stofflichen Verwertung zuführen.

Die FDP-Landtagsfraktion wird einem solchen Gesetz, das mit der Hintertür die überwundene Feudalherrschaft des 18. Jahrhunderts durch enteignungsgleiche Vorschriften wieder einführt, nicht zustimmen.

Wir lehnen dieses ideologisch orientierte und für die Praxis nicht taugliche Gesetzeswerk ab,

  • weil es für den ländlichen Raum schädlich ist,
  • weil es Eigeninitiative und Ehrenamt bestraft,
  • weil es bevormundet und gängelt,
  • weil es die Eigentumsrechte  einmal mehr durch Ihre Politik mit Füßen tritt und
  • weil wir diese Eingriffe nach Artikel 14 des Grundgesetzes für verfassungswidrig halten.

 

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