Pressemitteilung

15.Dezember 2014

Bullinger: Unser Wissenschafts- und Forschungsstandort braucht auch längerfristig stark aufgestellte Hochschulen

In einer Landtagsdebatte über den Haushalt des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst sagte der wissenschafts- und kunstpolitische Sprecher der FDP/DVP-Landtagsfraktion, Dr. Friedrich Bullinger:

Der Wissenschafts- und Forschungsstandort Baden-Württemberg stellt unter den Wirtschaftsräumen in Europa ein Juwel dar. Das Innovationsland Baden-Württemberg verdankt diese herausragende Stellung den vielen Forscherinnen und Forschern, sowie den Lehrenden an unseren Hochschulen. Um die Qualität unserer Universitäten und Forschungsinstitute, unserer Hochschulen für angewandte Wissenschaften, unserer Dualen Hochschulen, unserer Kunst- und Musikhochschulen sowie unserer Pädagogischen Hochschulen werden wir europaweit beneidet. Dies haben wir der jahrzehntelangen hervorragenden Wissenschafts- und Forschungspolitik der Vorgängerregierungen zu verdanken, und hierauf kann nun die grün-rote Regierung aufbauen. Auch wenn die grüne Ministerin mit ihrem missglückten Vorstoß die Musikhochschulen so in Unruhe versetzte, dass dieses Thema alle anderen im Hochschulbereich überlagerte. Die Musikhochschulen sind für Baden-Württemberg zu wichtig, als dass nicht alle Standorte erhalten werden müssten.

Bemerkenswert an diesem Haushalt ist, dass das momentan Bedeutsamste darin nicht zu finden ist: Der neue Solidarpakt für die Hochschulen. Die FDP-Fraktion anerkennt und unterstützt im Großen und Ganzen die Bemühungen der Wissenschaftsministerin, die aus unserer Sicht berechtigten Forderungen der Hochschulen umzusetzen. Wir Liberalen haben unsere Unterstützung für diese Forderungen schon im Juni dieses Jahres in einer von uns beantragten Aktuellen Debatte zum Ausdruck gebracht, und bei dieser Unterstützung bleibt es selbstverständlich weiterhin. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um folgende Forderungen:

  1. Eine regelmäßige Erhöhung der Grundfinanzierung der Hochschulen zwecks Kostensteigerungsausgleich, was ein zentrales Anliegen vor allem der Universitäten darstellt; Die Verstetigung der bislang nur befristet gewährten Mittel insbesondere für den Studienplatzausbau. Dies ist eine zentrale Forderung vor allem der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften und der Dualen Hochschule mit ihren Standorten.

Mittlerweile hat die Landesregierung angekündigt, diese beiden Hauptforderungen der Hochschulen umzusetzen und diesen hierfür verteilt über die Jahre 2015 bis 2020 insgesamt zusätzliche 1,7 Milliarden Euro zuzuwenden. So erfreulich dies ist, gilt es jedoch auch auf das Kleingedruckte zu achten. Denn die Berechnung der Mittel darf nicht diejenigen Hochschulen bestrafen, die sich am engagiertesten am Hochschulausbau beteiligt haben. In der Regel handelt es sich hierbei um Hochschulen für Angewandte Wissenschaften und Standorte der Dualen Hochschule. Ihr Engagement bei der Einrichtung neuer Studienplätze hat dazu geführt, dass nun teilweise sogar die Hälfte eines Hochschuletats aus Programmmitteln besteht. Wenn nun diese Programmmittel zwar verstetigt, aber nicht dynamisiert werden, dann sind die Fleißigen die Dummen. Auf meine Nachfrage hierzu hat sich die Ministerin problembewusst gegeben und auch in der Presse Abhilfe angekündigt. Dennoch gilt es darüber zu wachen, dass hier eine für alle Hochschularten faire Lösung gefunden wird.

Widersetzen werden wir uns darüber hinaus der von der Wissenschaftsministerin angekündigten Beschränkung der studentischen Mitsprache auf 20 Millionen von ursprünglich 170 Millionen Euro, die als so genannte Qualitätssicherungsmittel zur Kompensation für die abgeschafften Studiengebühren an die Hochschulen ausgeschüttet werden. Dies ist nicht nur Wortbruch gegenüber den Studierenden, denn Grün-Rot hat ihnen bei der Abschaffung der Studiengebühren zugesagt, die Qualitätssicherungsmittel würden im Einvernehmen mit den Studierenden verausgabt. Es untergräbt auch eine gezielte Verausgabung der Mittel für Zwecke, die dem Studium und den Studierenden unmittelbar nützen. Die Ministerin gibt an, das sei nötig, um Dauerstellen schaffen zu können. Das ist aber keineswegs der Fall. Denn was spräche dagegen, Dauerstellen zu schaffen und die Studierendenvertretung einfach immer dann mitentscheiden zu lassen, wenn eine Neubesetzung ansteht? Die Ministerin hat hier etwas missverstanden: Es geht hier nicht um Spielgeld, damit die Studentenvertreter das Gefühl haben mögen, auch was vom Kuchen abzubekommen – für Spielgeld wären 20 Millionen auch reichlich viel. Es geht hier um Angebote, die die Studienbedingungen verbessern, beispielsweise Tutorien und Lehrveranstaltungen zur Prüfungsvorbereitung, längere Öffnungszeiten von Bibliotheken sowie alles, was für die Studentinnen und Studenten eben wichtig ist. Deshalb kann ich die grüne Wissenschaftsministerin nur dringend auffordern: Nehmen Sie Ihren Wortbruch zurück und lassen Sie den Studierenden die volle Mitentscheidung über die Qualitätsmittel!

Die Förderung von Studierenden bezweckt auch einer unserer Anträge. Wir wollen das Programm ‚Junge Innovatoren‘ besser ausstatten, damit junge Menschen mit einer meist noch zu Studienzeiten entwickelten Innovation eine Chance auf eine Existenzgründung erhalten. Es gibt eine Vielzahl von Beispielen, wie solche Innovatoren und Tüftler aus den Hochschulen heraus mit Unterstützung von Existenzgründungsdarlehen oder Bürgschaften oder im Schutze von Hochschule oder Unternehmen, die bereits auf dem Markt sind und genau auf solche Umsetzungen aus der Forschung warten, Erfolgsstorys geschrieben haben. Wer diesen Antrag ablehnt, der hat kein Verständnis für die Potenziale, die an der Schnittstelle von Hochschule und Wirtschaft liegen. Unser Wirtschaft braucht eine schnelle Umsetzung von Forschungsergebnissen, wollen wir weiterhin in der Champions League mitspielen.

Insgesamt lässt sich der Etat des Wissenschaftsministeriums für die Jahre 2015 und 2016 als Schönwetterhaushalt beschreiben. Er mag dank der derzeit hohen Steuereinnahmen und der gefüllten Kriegskasse für den Wahlkampf von Grün-Rot zurzeit momentan für die Hochschulen und die anderen wissenschaftlichen Einrichtungen eine ausreichende Finanzierung bereitstellen. Auf längere Sicht sind die Weichen jedoch nicht in der Weise gestellt, dass die Hochschulen auch in schwierigeren Zeiten über eine auskömmliche Finanzierung verfügen. Die FDP-Fraktion hat deshalb erneut einen Antrag auf Erarbeitung eines Studien- und Hochschulfinanzierungskonzepts eingebracht mit folgenden zentralen Elementen:

  1. Eine nachfrageorientierte Hochschulfinanzierung mit Studiengutscheinen, mit deren Hilfe und gemäß dem Prinzip „Geld folgt Student“ die staatlichen Mittelzuweisungen von der Zahl der jeweils eingeschriebenen Studierenden abhängig gemacht werden. Dies müsste mit dem zukünftigen Solidarpakt im Jahr 2020 an den Start gehen, den jetzigen gilt es selbstverständlich erst einmal zu erfüllen;
  2. Ein System nachlaufender Studiengebühren, die erst ab einer festgelegten Einkommensgrenze fällig werden, der jeweiligen Hochschule zugute kommen und nur für Verbesserungen im Bereich von Studium und Lehre verwendet werden. Das wäre praktizierte soziale Gerechtigkeit.

Durch das Prinzip ‚Geld folgt Student‘ hätten alle Hochschulen gleichermaßen ein Interesse an der Aufnahme von Studierenden. Die Hochschulen treten in einen Wettbewerb um die Studierenden ein, der ihnen letztlich sehr zugute kommt. Im Zusammenhang damit wäre auch eine Beteiligung der Studierenden an den Kosten ihrer Ausbildung vorzusehen. Studiengebühren dürfen nach Auffassung der FDP/DVP-Fraktion die Studierenden jedoch nicht während der Studienzeit belasten und dürfen deshalb erst ab einer bestimmten Einkommensgrenze fällig werden. Niemand soll schließlich von der Aufnahme eines Studiums aufgrund fehlender Mittel abgehalten werden.

Die Steuermehreinnahmen ermöglichten auch eine Erhöhung des Kunsthaushalts für die Jahre 2015/16. Die FDP-Fraktion begrüßt, dass die Landesregierung mit diesem zusätzlichen Geld nicht nur die Tarifsteigerungen in den staatseigenen Kultureinrichtungen ausgleicht. Wir hatten dies auch in den vergangenen Haushaltsberatungen immer angemahnt, damit die freien Kulturinstitutionen und ihre Verbände sowie über Programme die freien Kunstschaffenden ebenfalls Berücksichtigung finden. Kritikwürdig ist jedoch, dass sich die genauere Aufteilung der zusätzlichen Mittel nicht im Haushaltsplanentwurf nachvollziehen lässt.

Im Sinne der Transparenz haben wir außerdem in den Ausschussberatungen beantragt, den Innovationsfonds Kunst zu evaluieren. Denn die Landesregierung hat zwar wie von uns vorgeschlagen eine unabhängige Jury eingesetzt, allerdings entscheidet diese nur über einen Teil der ursprünglich für den Fonds aufgewendeten fünf Millionen Euro. Wir möchten den Kunststaatssekretär vor dem Verdacht bewahren, dass er das Geld nach eigenem Gutdünken wie aus seiner Schatulle verteilt, bevor die Jury über das verbliebene Geld entscheiden kann.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass im Kunsthaushalt zwar das Wort ‚Innovation‘ gebraucht wird, aber innovative Ansätze schwer erkennbar sind.

Ansätze zu einer Regionalen Kulturentwicklung mit dezentraler Verantwortung sucht man beispielsweise vergeblich. Dabei wäre gerade dies eine Möglichkeit, die reichhaltigen und vielfältigen Kulturangebote in der Fläche zu fördern. Das würde sich zweifellos lohnen.“

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