Archiv für das Monat: September, 2019

Liberale Landtagsfraktionen fordern Maßnahmen zur Stärkung des Standorts Deutschland

Eine gemeinsame Klausursitzung der drei FDP-Landtagsfraktionen aus Baden-Württemberg, Hessen und Bayern stand ganz im Zeichen der inhaltlichen Arbeit. In thematisch gegliederten Panels wurde über die zukünftige politische Ausrichtung diskutiert und die Vernetzung der drei Fraktionen auf Arbeitsebene intensiviert.

So wurde u.a. im Bereich Digitalisierung über die Ausgestaltung eines Digitalisierungsministeriums oder im Bereich Bildung über Ganztagsschulen und Strategien zur Lehrergewinnung gesprochen.

Im Fokus standen aber die Zukunftsthemen Mobilität, Energiepolitik und Automobilwirtschaft.

Die zu besprechenden Handlungsfelder im Bereich Mobilität waren:

  • Wahlfreiheit statt Verbotspolitik
  • Shared Mobility
  • Innovationen für eine dekarbonisierte, klimaneutralen Mobilität
  • Digitalisierung und autonome Fortbewegung
  • Datenschutz
  • Selbstbestimmte Fortbewegung in jeder Lebenslage und Barrierefreiheit
  • Leistungsfähige Infrastruktur
  • Beseitigung regulatorischer Hürden

Unsere beschlossenen Impulse zur Mobilität der Zukunft.

Die Diskussionen im Bereich Energiepolitik standen unter dem Motto: „Politischer Realismus statt Symbolpolitik“.

Denn in keinem anderen Politikfeld prallen derzeit die politischen Ankündigungen und Realität so hart aufeinander wie in der Energie- und Klimapolitik. Wir bekennen uns selbstverständlich zum Pariser Abkommen von 2015 und der Umsetzung der Klimaschutzziele. Wir verwahren uns aber gegen eine Instrumentalisierung dieses Abkommens im Sinne der Verbots- und Umerziehungskultur, sondernd sehen die Lösung in Freiheit, wissenschaftlichem Fortschritt und Technologien.

In unserem Impulspapier CO² schnell und wirksam reduzieren – Energiepolitik neu denken haben wir die gemeinsamen Überzeugungen zusammengefasst.

Auch die Automobilwirtschaft, als umsatzstärkste Branche in Deutschland, beschäftigt uns weiterhin.

Aufgrund der hohen Beschäftigungszahl leistet die Automobilindustrie einen wichtigen Beitrag zur Arbeitsmarktlage und für unseren Wohlstand. Die Transformation der Mobilität prägt schon heute die Zukunft der Industrie und es stellt sich die Frage, wie sich der Wandel auf die Wertschöpfung und die Beschäftigten auswirken wird. In welchen Feldern wir Handlungsbedarf sehen, um die individuelle Mobilität sicherzustellen, können Sie hier nachlesen.

Reinhold Maier – Der erste Ministerpräsident Baden-Württembergs

Anlässlich des 130. Geburtstags von Dr. Reinhold Maier veranstaltete die FDP/DVP-Fraktion eine große Feierstunde/Festveranstaltung im Landtag.

In Erinnerung an den bedeutenden liberalen Politiker und ersten Ministerpräsidenten Baden-Württembergs teilten Prof. Dr. Jürgen Morlok, Friedrich Haag, Hagen Kluck und Dr. Ulrich Gauss ihre persönlichen Erlebnisse und Eindrücke mit den zahlreichen Gästen.

Für alle die nicht dabei sein konnten, ermöglichen wir hiermit einen Einblick in das Leben Reinhold Maiers – des berühmten Remstalliberalen.

  • Ein Remstalliberaler wird geboren

    Als Reinhold Otto Maier am 16. Oktober 1889 in Schorndorf geboren wurden, ahnte man noch nicht, dass er einer der bekanntesten liberalen Politiker und Mitbegründer des Landes Baden-Württembergs werden sollte. Nach seinem Abitur am Dillmann-Gymnasium in Stuttgart studierte Reinhold Maier Rechtswissenschaften an der Universität Grenoble und an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Später ließ er sich als Rechtsanwalt in Stuttgart nieder. Ein erster Meilenstein seiner politischen Laufbahn setze die Ernennung zum Wirtschaftsminister in Württemberg im Jahre 1930. Nach dem Ende dieser Tätigkeit 1933 schwor sich Maier während der Hitlerzeit, nie wieder in die Politik zurückzukehren.

  • Als Regimegegner im Dritten Reich

    In der Zeit von 1933 bis 1945 erlebte Reinhold Maier viele persönliche Einschränkungen und Verluste, wie etwa die Zwangsscheidung von seiner jüdischen Frau. Schließlich musste sie mit den beiden Kindern nach England fliehen. Dies war der Grund, warum Maier der einzige von 16 Bewohnern des Hauses Dillmannstraße 16 in Stuttgart war, dem während des Krieges der Luftschutzwart des Falkertbergstollens eine Einlasskarte verweigerte. „Der soll zu seiner Frau nach England“, hieß es. Auch ein Berufsverbot als Rechtsanwalt sowie gesellschaftliche Ausgrenzung und nicht zuletzt die Zerstörung seiner eigenen Behausung musste Maier erfahren.

    Am 28. März 1945 erreichte den einstigen württembergischen Wirtschaftsminister eine Vorladung ins Eduard-Pfeiffer-Haus. Das ehemalige Gebäude des Arbeiterbildungsvereins in der Heusteigstraße war zuvor von der Gestapo beschlagnahmt worden. Als entschiedener Regimegegner wusste Maier, dass er nun Schlimmstes zu befürchten hatte. Der Liberale verließ daraufhin Stuttgart und zog sich bis Kriegsende auf die Ostalb zurück.

    Als Regimegegner im Dritten Reich

  • Als Demokrat in der Nachkriegszeit

    Christoph Daniel Maier erinnert sich: „Mein Großvater hegte nie Groll gegen die Menschen, für ihn begann der Einsatz für den neu aufzubauenden Rechtsstaat vom ersten Tag nach dem Krieg“.

    Zur Hilfe gekommen seien ihm sein großer Wille und die Bereitschaft, auch gegen Widerstände Dinge durchzusetzen.

    Nur wenige Tage nachdem sich Maier an der Gründung der Demokratischen Volkspartei (DVP) im September 1945 beteiligt hatte, wurde er als Ministerpräsident von Württemberg-Baden vereidigt. Aus der DVP wurde später in Baden-Württemberg die FDP/DVP. Diesen Namen trägt die Landtagsfraktion bis heute.

    Nach den schlimmen Zeiten von Nazidiktatur und Kriegszerstörung setzten die Amerikaner den unbelasteten Anwalt noch 1945 als Regierungschef in ihrer Besatzungszone ein. Durch die ersten freien Wahlen Ende 1946 hatte ihn der erste Württembergisch-Badische Landtag im Amt bestätigt. Dieses Amt übte Reinhold Maier bis zur Auflösung des Landes 1952 aus.

    Der Vorsitzende der Reinhold-Maier-Stiftung und stellvertretende Fraktionsvorsitzende Jochen Haußmann würdigt die Leistung Reinhold Maiers, bereits unmittelbar nach Kriegsende die Verantwortung im damaligen Württemberg-Baden als Ministerpräsident übernommen zu haben. „Organisatorisches Geschick, persönliche Integrität und eine enge Verbundenheit mit den Anliegen des Mittelstands und der Gewerbetreibenden machten Maier zur richtigen Person, nach Krieg und Diktatur die Grundlage für einen liberalen, stabilen Staat mit rechtstaatlichen Grundlagen zu schaffen“, so Haußmann.

    Am 25. April 1952 wurde Maier von der Verfassunggebenden Landesversammlung zum Ministerpräsidenten des neu gebildeten Bundeslandes Baden-Württemberg gewählt. An der Gründung des Landes war er maßgeblich beteiligt. „Wir können zu Recht sagen, dass es ohne ihn Baden-Württemberg als wohlhabendes und starkes gemeinsames Land der Bundesrepublik heute nicht gäbe“, erinnert der Fraktionsvorsitzende der FDP/DVP-Fraktion im baden-württembergischen Landtag, Dr. Hans-Ulrich Rülke.

    Überraschend bildete Maier nach seiner Wahl eine Koalition aus FDP/DVP, SPD und BHE und schickte die CDU damit als stärkste Partei in die Opposition. Sein modernes Verständnis von Koalitionen lautete: „Prinzipiell ist eine Koalition nie prinzipiell“.

  • Schwäbische Sparsamkeit - wie Reinhold Maier die halben Butterbretzel erfand

    Über seine Zeit als Ministerpräsident heißt es, dass Reinhold Maier „mit schwäbischer Schlicht- und Verschlagenheit“ in der Villa Reitzenstein, dem Sitz der Landesregierung, residierte. „Kein Polizist, kein Uniformierter“ bewachte „den reizvollsten der zehn deutschen Ländersitze“.

    Schon in seiner Zeit als Wirtschaftsminister von Württemberg zahlte Maier seine Mittagessen bei Besuchen in der Industrie grundsätzlich selbst. In seinen Memoiren stellte er mit Genugtuung fest, dass die Schwaben-Administration dem Reichspropagandaminister Joseph Goebbels ebenfalls 1,30 Mark fürs Abendessen abverlangt habe, als dieser zu einem Staatsbesuch nach 1933 in die Stuttgarter Villa Reitzenstein als den damaligen Sitz des NS-Reichsstatthalters kam.

    In der Repräsentation der Landesregierung war Maier daher eines besonders wichtig: die Sparsamkeit. Er selbst war stets davon überzeugt, auch bei der Bewirtung von festlichen Anlässen Maß zu halten. Der Legende nach war er der Erfinder der „halben Brezeln“, die als Bewirtung bei Anlässen ausreichen sollten. Gesichert ist, dass der „Sparkurs“ der Landesregierung 1967 vorsah, dass das Protokoll der Stuttgarter Villa Reitzenstein überwiegend nur noch zu Stehempfängen einladen sollte. Dort wurden dann heimischer Wein und butterbestrichene halbe Brezeln gereicht.

    Schwäbische Sparsamkeit - wie Reinhold Maier die halben Butterbretzel erfand

  • Zwischen Landtag und Bundestag – Die letzten Jahre

    Als die CDU bei der Bundestagswahl vom 6. September 1953 in Baden-Württemberg die absolute Mehrheit erzielte, trat Maier vom Amt des Ministerpräsidenten zurück. Daraufhin ging er nach Bonn, um sein Bundestagsmandat wahrzunehmen, das er mit einer Pause von knapp eineinhalb Jahren, innehatte, bis er es 1959 endgültig niederlegte.

    Nachdem er zweimal in Folge zum Bundesvorsitzenden der FDP gewählt wurde, wurde er 1960 zum Ehrenvorsitzenden der FDP ernannt.

    Es erfolgte die erneute Direktwahl Maiers bei den Landtagswahlen, die Veröffentlichung seiner Memoiren und die Verleihung von verschiedenen Auszeichnungen wie die Ehrenbürgerwürde.

    Maiers letzten öffentlichen Auftritte fanden zwischen 1969 und 1970 statt, bevor er am 19. August 1971 in Stuttgart im Alter von 81 Jahren verstarb und in seiner Heimatstadt auf dem Alten Friedhof von Schorndorf beigesetzt wurde.

Die Bedeutung von Reinhold Maier

Den Grund für den liberalen Kurs Baden-Württembergs erkannte Reinhold Maier bereits 1954. Die Menschen hier würden enger beieinander leben und näher zusammenarbeiten. „Man kennt sich gegenseitig. Die Standesunterschiede sind geringer. Unternehmer und Arbeiter, aber auch die Bauern erkennen sich gegenseitig in ihrer Notwendigkeit und Bedeutung an. Aus diesem Grund leben wir auch politisch in einem gesünderen Klima“, so Maier. Baden-Württemberg gilt heute als „liberales Stammland“. Reinhold Maier liefert hier eine wichtige Begründung.

Sein unbedingtes Bekenntnis zur ganzen Freiheit, die nicht nur Teilfreiheiten kenne, prägten den Kurs der liberalen Partei durch die Jahrzehnte. Prof. Dr. Jürgen Morlok erinnert besonders daran, dass Maier stets den Einsatz für die „scheinbar kleinen Probleme der Leute“ ernst genommen habe und die Lösung dieser Anliegen als Maßstab für die Politik verfolgte. Maier verstand Politik und Staatsaufbau als „Graswurzeldemokratie“, die sich aus der Kommunalpolitik vor Ort entwickeln müsse statt aus übergeordneten theoretischen Programmen.

Über seine prägende Rolle für die liberale Politik im Land Baden-Württemberg, sowie im Landesparlament meint FDP/DVP-Faktionsvorsitzender Rülke: „Viele Grundsätze Reinhold Maiers sind für die Arbeit der liberalen Landtagsfraktion heute noch und wieder aktuell, so Maiers pragmatische Haltung zu politischen Koalitionen, bei denen schließlich pragmatische Lösungen immer wichtiger als starre Prinzipien sein sollten“.
Gleichzeitig weist er auf die Verdienste des ersten Ministerpräsidenten als Südwestliberaler hin, die bis heute nachwirken: Die FDP-Fraktion in Baden-Württemberg sei die einzige in der ganzen Republik, die immer im Parlament vertreten sei und nicht zuletzt die einzige, aus deren Reihen mit Reinhold Maier bis heute ein Regierungschef stamme.