Mobilität braucht Freiheit – Fahrverbote überwinden
Gesundheitsschutz ist uns als FDP/DVP Fraktion wichtig. Wir möchten sowohl saubere Luft zum Atmen als auch Lärmschutz gewährleisten. Als Pioniere der Umweltpolitik liegt uns eine intakte Umwelt am Herzen. Doch flächendeckende Fahrverbote für Diesel-PKW halten wir für das falsche Mittel. Denn: Fahrverbote sind unverhältnismäßig, schränken die Mobilität der Menschen erheblich ein und machen das Auto von zehntausenden Familien und Betrieben faktisch wertlos. Die Wirkung von Fahrverboten für die Verbesserung der Luftqualität ist zudem nicht hinreichend zu quantifizieren. Als FDP/DVP Fraktion treten wir daher für Innovationen und Investitionen statt Verbote ein. Im Nachfolgenden geben wir Ihnen einen Überblick über die Hintergründe zur Debatte um die Fahrverbote und möchten Ihnen unsere freiheitlichen Ideen für eine nachhaltige, wirtschaftlich, sozial und ökologisch verträgliche Verkehrspolitik vorstellen.
Wir sind der Meinung: Innovationen und Investitionen statt Fahrverbote!
Interessiert?
Lesen Sie mehr dazu in unserem Positionspapier.
Der rechtliche Hintergrund
Die rechtlichen Grundlagen für die Verhängung von Fahrverboten bilden die „Richtlinie über Luftqualität und saubere Luft für Europa“ der Europäischen Union sowie zwei Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.Februar 2018.
- In der EU-Richtlinie ist festgelegt, dass der Jahresmittel-Stickoxidgrenzwert bei 40 Mikrogramm pro m3 (µg/m3) liegt. Dieser europarechtlich vorgegebene Stickstoffdioxidgrenzwert muss von den Mitgliedstaaten eingehalten werden.
- Nach den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts zu den Luftreinhalteplänen für Stuttgart und Düsseldorf können zur Einhaltung der Werte auch Dieselfahrverbote verhängt werden, jedoch müssen diese verhältnismäßig sein. Demnach sind die Entscheidungsträger verpflichtet, die Auswirkungen auf die betroffenen Fahrzeugeigentümer, –halter und –nutzer sowie die Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft bei ihrer Entscheidung über Fahrverbote zu berücksichtigen.
Die Wirkung von Fahrverboten auf die Luftqualität
Eine so tiefgreifende Entscheidung wie die Verhängung von Fahrverboten muss sehr gut begründet sein. Doch wissenschaftlich ist es nicht hinreichend zu quantifizieren, welchen Einfluss die Einzelmaßnahme Diesel-Fahrverbote auf die Luftqualität an den Messstationen haben. Es kommt vielmehr auf ein Gesamtpaket zur Luftreinhaltung an. Dies gesteht auch das grüne Verkehrsministerium ein. Denn: Neben den Diesel-Abgasen gibt es weitere direkte Quellen sowie signifikante Einflussfaktoren auf die Stickstoffdioxidwerte:
- Die Wetterlage
Einen erheblichen Einfluss auf die NO2-Werte hat das Wetter. Kalte Luft und Windstille sind dabei ein Garant für hohe NO2-Werte. Denn: Sind die oberen Luftschichten wärmer als die unteren, kann die Luft nicht mehr zirkulieren, man spricht von einer Inversionswetterlage. Ohne Wind wird das Gas nicht von der Straße weggetragen. Abgase und Schadstoffe, wie NO2, können dann nicht mehr entweichen und lassen die Messwerte steigen. Im Umkehrschluss heißt das: Herrscht böiger Wind, hat die Inversion keine Chance, und die Messwerte sinken.
- Die Messstellenlage
Ein wichtiger Faktor für die Messwerte ist die Positionierung der Messstellen. Die Aufstellung der Messstationen ist zwar gesetzlich geregelt, jedoch weisen Forscher der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina darauf hin, dass bereits kleinste Änderung innerhalb des gesetzlichen Spielraums zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können. Pikant: In Griechenland sind die Messstationen teilweise auf Häuserdächern angebracht, während sie in Stuttgart an Häuserecken stehen. Dies erschwert die Vergleichbarkeit von Werten.
Vor dem Hintergrund der Einflüsse luftchemischer Prozesse und des Wetters kommt die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina zu dem Schluss, dass „von kurzfristigen oder kleinräumigen Maßnahmen, etwa von Fahrverboten, keine wesentliche Entlastung zu erwarten [sei].“
Fahrverbote in Stuttgart
Trotz der wissenschaftlichen Kritik an Fahrverboten und der Unsicherheit ob ihrer Wirkung wurden unter der grün-schwarzen Landesregierung in den letzten Jahren Fahrverbote in Stuttgart für Dieselfahrzeuge eingeführt und es drohen weitere:
Ausnahmen
Allgemeine Ausnahmeregelungen vom Dieselfahrverbot gibt es nur für einige Gruppen, z.B. für die Polizei oder die Feuerwehr sowie für Handwerker und Lieferdienste. Zwar gibt es auch die Möglichkeit auf eine Einzelausnahmegenehmigung, Berufstätigkeit wird jedoch nicht als Grund für eine Ausnahme anerkannt. In der Vergangenheit führten die von der grün-schwarzen Landesregierung getroffenen Ausnahmeregelungen aufgrund ihrer Willkürlichkeit oft zu Unverständnis:
Beispiel 1: Willkürliche Altersgrenze der Kinder
Die grün-schwarze Landesregierung legte fest, dass monatliche Sonderfahrten zur familiären Betreuung von Kindern erlaubt. Die Voraussetzung hierfür ist, dass die Kinder nicht älter als acht Jahre sind. Ausgenommen von der Reglung sind jedoch regelmäßige Fahrten, beispielsweise Fahrten um die Kinder zur Schule oder in die Kita zu bringen oder zu ihrer Freizeitgestaltung. Für diese Fahrten gilt das Diesel-Fahrverbot. Wieso die Grenze ausgerechnet bei acht Jahren liegt, bleibt jedoch fraglich.
Beispiel 2: Fehlende Zufahrtsmöglichkeit zu Park-and-Ride Plätzen
Park-and-Ride Plätze (P+R) ermöglichen Pendler ihr Auto auf Parkplätzen abzustellen und dann direkt mit dem Bus oder der Bahn weiterfahren zu können. Auf diese Weise kann der innerstädtische Verkehr signifikant entlastet werden und Pendler sparen sich im Idealfall Zeit, da sie den Autoverkehr zu den Stoßzeiten vermeiden. Problematisch wird es jedoch dann, wenn die P+R Plätze nicht mehr zu erreichen sind, weil die Pendler die Parkplätze aufgrund des Dieselfahrverbots nicht mehr anfahren dürfen. Es dauerte bis mehrere Monate nach Einführung des Fahrverbots bis sich die Landesregierung einig war, wie man die Zufahrt zu den P+R Plätzen regelt. Letztlich ermöglichte man die Zufahrt zu ausgewählten P+R Anlagen.
Die Situation in Stuttgart
Seit Januar 2020 gilt im Stuttgarter Stadtgebiet ein streckenbezogenes Verkehrsverbot für alle Diesel-PKW der Emissionsklasse Euro 5 und schlechter. Sollten die Immissionsgrenzwerte im ersten Quartal 2020 nicht eingehalten werden, droht laut dem „Luftreinhalteplan für den Regierungsbezirk Stuttgart-Teilplan Landeshauptstadt Stuttgart 5.Fortschreibung“ eine Ausweitung des Fahrverbots. Die Messwerte aus dem ersten Quartal zeigen jedoch eine deutliche Verbesserung der Luftqualität und dies ohne, dass die reduzierte Verkehrsbelastung durch die Corona-Krise in den Berechnungen eingeflossen ist, wie das Verkehrsministerium mitteilt. So ist die Stickstoffdioxidbelastung selbst an der vermeintlich dreckigsten Kreuzung Stuttgarts, dem Neckartor, deutlich gesunken (-13ug) und überschreitet den Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft nicht:
Aufgrund der verbesserten Messwerte hätte das Verkehrsministerium schon im April weiteren Fahrverboten eine entschiedene Absage erteilen müssen. Da wollte der grüne Verkehrsminister die Entscheidung jedoch vertagen. Ein Aufschub wurde vom Verwaltungsgerichtshof Mannheim (VGH) aber am 15.05.2020 abgelehnt. Laut dem grünen Verkehrsministerium seien damit weitere Fahrverbote unvermeidbar. Dies sieht der grüne Koalitionspartner, die CDU, jedoch anders, womit der Kurs und die Haltung der Landesregierung unklar bleibt. Wir als FDP/DVP Fraktion fordern das Land auf, alles zu tun, um weitere Verkehrsverbote zu verhindern. Bei wirklichem Willen wäre dies auch möglich. Doch es scheint, als wiegt der insgeheime Wunsch nach weiteren Fahrverboten in der grün-schwarzen Landesregierung schwerer als die Bereitschaft alle Spielräume maximal auszudehnen.
Um weitere Fahrverbote abzuwenden, fordern wir von der grün-schwarzen Landesregierung:
Kein flächendeckendes Fahrverbot für Euro-5-Diesel bevor nicht über die Vollstreckungsabwehrklage entschieden ist!
Bis über die eingereichte Vollstreckungsabwehrklage und den Antrag auf aufschiebende Wirkung entschieden ist, darf es kein flächendeckendes Fahrverbot für Euro-5-Diesel geben! Denn wenn mit einem Fahrverbot ab 1.7.2020 bereits auf Betreiben des grünen Verkehrsministers Fakten geschaffen werden, ist es ausgesprochen unwahrscheinlich, dass er die Schilder wieder abmontieren lässt. Der Corona-Lockdown hat gezeigt, dass massive Rückgänge im Verkehr gegenüber den Wettereffekten zurücktreten. Wenn selbst Verkehrsrückgänge von 40 Prozent kaum etwas ändern, dann können Verbote für 6 bis 8 Prozent der Kraftfahrzeuge – so hoch ist der Anteil der Euro-5-Diesel in der Region und der Stadt – weder notwendig noch verhältnismäßig sein. Genau auf diese beiden Punkte hat aber das Bundesverwaltungsgericht abgestellt.
Dem Spuk von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gewünschten Diesel-Fahrverboten muss endlich ein Ende bereitet werden!
Die Unverhältnismäßigkeit und Folgen weiterer Fahrverbote für die Bürgerinnen und Bürger
Sollte die kleine Umweltzone eingeführt werden, betrifft dies weitere tausende Bürgerinnen und Bürger. Wer innerhalb der kleinen Umweltzone wohnt, in der weitere Fahrverbote drohen, und einen Euro-5-Diesel hat, muss diesen zwangsläufig verkaufen. Dabei konnten diese bis zum Jahr 2015 als Neuwagen gekauft werden. Es sind also alles andere als alte Autos, die dringend verschrottet werden müssten. Ein Verkauf dürfte schwierig werden, denn mit jedem weiteren Fahrverbot sinkt der Wert des Autos. Pendlern, Familien und Betrieben kann dies teuer zu stehen kommen. Sie werden faktisch enteignet! In den Stadtbezirken Mitte, Nord, Süd (ohne Kaltental), West und Ost (ohne Frauenkopf) sowie Bad Cannstatt, Feuerbach und Zuffenhausen sind aktuell 9.771 Euro-5-Dieselfahrzeuge gemeldet, ihnen allen droht das Fahrverbot. Dabei sagt Verkehrsminister Hermann selbst, dass Einzelmaßnahmen nicht haarscharf mit ihrer Wirkung bewertet werden können und es auf das Gesamtbündel der Maßnahmen ankommt. So hat beispielsweise das Wetter erheblichen Einfluss auf die Messwerte.
Rede von Jochen Haußmann im Landtag am 7.5.2020
Folglich kann der Beitrag von Fahrverboten zur Verbesserung der Luftqualität nicht wissenschaftlich beziffert werden. Ohne diese wissenschaftliche Basis sind Fahrverbote mit einhergehenden faktischen Enteignungen und faktisches Besitzverbot für tausende Bürgerinnen und Bürger jedoch schlichtweg unverhältnismäßig! Genau auf die Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen kommt es aber in einem Rechtsstaat an. Darauf hat auch das Bundesverwaltungsgericht seinerzeit abgestellt.
Was Fahrverbote bisher bewirkt haben:
Das Fahrverbot wirkt – besonders in der Region Stuttgart spürt man die Auswirkungen. Die Folgen der Fahrverbote werden von der Landesregierung in Kauf genommen. Es trifft nicht nur die Wirtschaft und vor allem den Einzelhandel, sondern auch die Kulturbetriebe in der Region.
Innovationen für eine wirtschaftlich, sozial und ökologisch verträgliche Verkehrspolitik
Als FDP/DVP Fraktion haben wir Konzepte zur Digitalisierung und zur Förderung der Wasserstofftechnologie mit all ihren Vorteilen auch für das Klima vorgelegt. Die Abstimmung der Fahrzeuge mit den Ampelphasen und die Kommunikation von Fahrzeugen untereinander (z.B. bei Unfällen) können zu weniger Stop-and-Go und weniger Stau führen (Car-to-X Kommunikation). Auf diese Weise wird der Verbrauch reduziert und es werden weniger Emissionen, wie Feinstaub und Stickoxide, ausgestoßen.
So funktioniert autonomes Fahren:
Zudem haben wir Konzepte zur Förderung der umweltfreundlichen Wasserstofftechnologie eingebracht, welche die Technologieführerschaft in der Automobilindustrie in Baden-Württemberg und unseren Wohlstand sichert.
Rückblick: Veranstaltung #FreieFahrtFürFakten
Diesel-Fahrverbot in Stuttgart, dramatische CO₂-Reduktionsziele für die Kraftfahrzeugflotten, Nahverkehrsabgabe und CityMaut. Die Diskussion um Fahrverbote war stets mannigfaltig und verleitete dazu, vieles durcheinander zu bringen. Daher lud unser verkehrspolitischer Sprecher Jochen Haußmann am 27. Februar 2019 zum Foyer Liberal Mobilität, um gemeinsam mit über 300 Gäste und hochrangigen Experten über die Mobilität der Zukunft zu diskutieren. Alle Podiumsteilnehmer waren sich dabei einig: Das flächendeckende Fahrverbot in Stuttgart auf der Grundlage von höchst fragwürdigen Grenzwerten ist äußerst kritisch zu sehen. Diese unverhältnismäßige Maßnahme bevormundet und enteignet viele Bürgerinnen und Bürger, die jetzt mit ihrem Dieselauto nicht mehr in Stuttgart fahren dürfen. Trotz der Unverhältnismäßigkeit von Fahrverboten prognostizierten die Diskussionsteilnehmer weitere Fahrverbote unter der grün-schwarzen Landesregierung.
Die ganze Veranstaltung noch einmal zum Anschauen:
Ein Überblick über die Diskussion und die Positionen der Experten gibt es hier.
#Peoplepitch
Er war jahrelang Motorsport-Chef von Mercedes-Benz, führte den Konzern zu mehreren Formel 1-Fahrer und Konstrukteur-Weltmeistertiteln und kennt sich mit Autos bestens aus– Norbert Haug. Wir haben ihn im Februar 2019 zur Mobilität der Zukunft befragt. Auch zum Thema Fahrverbote hat Norbert Haug wie wir es von ihm gewöhnt sind eine klare Meinung:
Eine Auswahl unserer Anfragen und Anträge an die Landesregierung rund um das Thema „Fahrverbote“:
- 50 weitere Probenahmestellen in Stuttgart sowie angekündigte Garantie einer Regierungsfraktion Euro-5-Diesel von Fahrverboten auszunehmen:
https://www.landtag-bw.de/files/live/sites/LTBW/files/dokumente/WP16/Drucksachen/5000/16_5683_D.pdf - Ausnahmekonzeption von Fahrverboten:
https://www.landtag-bw.de/files/live/sites/LTBW/files/dokumente/WP16/Drucksachen/5000/16_5762_D.pdf - Kündigung von Abonnements der Stuttgarter Kulturstätten aufgrund des Fahrverbots:
https://www.landtag-bw.de/files/live/sites/LTBW/files/dokumente/WP16/Drucksachen/5000/16_5493_D.pdf - Ausnahmeregelungen von Fahrverboten für das Handwerk und mögliche Auswirkungen neuer EU-Pläne für CO2 – Grenzwerte bei Lastwagen:
https://www.landtag-bw.de/files/live/sites/LTBW/files/dokumente/WP16/Drucksachen/5000/16_5390_D.pdf - Verkehrsmengensteuerung mittels Busspur oder streckenbezogener Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge der Abgasnorm Euro 5 im Bereich des Stuttgarter Neckartors:
https://www.landtag-bw.de/files/live/sites/LTBW/files/dokumente/WP16/Drucksachen/5000/16_5352_D.pdf - Ergänzung Luftreinhalteplan Stuttgart:
https://www.landtag-bw.de/files/live/sites/LTBW/files/dokumente/WP16/Drucksachen/5000/16_5229_D.pdf - Verkehrsmengensteuerung mittels Busspur oder streckenbezogener Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge der Abgasnorm Euro 5 im Bereich des Stuttgarter Neckartors:
https://www.landtag-bw.de/files/live/sites/LTBW/files/dokumente/WP16/Drucksachen/5000/16_5352_D.pdf
