Pressemitteilung

22.September 2008

Arnold: Muslimische Mädchen dürfen nicht vom Schwimmen ausgeschlossen werden

Kelek: Religionsausübung ist Privatsache – Prof. Goll: Zwangsheirat nicht zulassen – „Es ist zu begrüßen, dass auch türkische Frauen, die im Zuge der Familienzusammenführung nach Deutschland emigrieren, wenigstens Grundkenntnisse der deutschen Sprache vorweisen müssen, denn erst dann haben sie die Chance, hier von Anfang an am gesellschaftlichen Leben teilnehmen.“ Dies sagte die Sprecherin für Frauen und Gleichstellungsfragen, Dr. Birgit Arnold, auf dem Liberalen Frauentag der FDP/DVP-Landtagsfraktion, der unter dem Thema „Meine Welt – Eure Welt – Unsere Welt? – Migrantinnen im Spannungsfeld von Tradition und Moderne“ stand.

Die FDP-Landtagsabgeordnete forderte, dass der Staat die Schulpflicht konsequent durchsetzen sollte, damit Mädchen aus Familien mit Migrationshintergrund das gesamte Unterrichtsangebot wahrnehmen könnten. „Es geht nicht, dass junge Mädchen muslimischen Glaubens von ihren Eltern verboten bekommen, am Schwimm- und Turnunterricht oder an Schulausflügen teilzunehmen“, so Arnold. Sie wolle auch diejenigen Menschen stärken, die sich öffentlich gegen antidemokratische Tendenzen in Teilen der muslimischen Gesellschaft wenden. „Ich unterstütze hier die in Deutschland lebende Soziologin und Autorin Necla Kelek, die sich dafür ausspricht, ein muslimisches Patriarchat im Rahmen eines gesellschaftlichen Diskurses zu verhindern.“Dr. Necla Kelek sagte in ihrem engagierten Vortrag vor 120 Gästen im Landtag, es mache sie froh, dass ein deutsches Gericht vor Wochen zum ersten Mal durch ein Urteil der Schulpflicht den Vorrang gab vor der Absicht von Eltern, aus religiösen Gründen ihr Kind vom Turn- und Schwimmunterricht auszuschließen. Nach den Worten von Kelec sollte die Schulpflicht notfalls durch die Polizei erzwungen werden. Im Islam muss nach den Worten von Kelek die Trennung von Staat und Religion durchgesetzt werden. Religionsausübung sei Privatsache und dürfe deshalb von orthodoxen Kräften in der muslimischen Gesellschaft nicht als Deckmantel missbraucht werden, um ein muslimisches Patriarchat in der freiheitlich-demokratischen Grundordnung aufzubauen. Die Trennung von Staat und Kirche habe in Europa die Aufklärung und damit die Entstehung der Menschenrechte ermöglicht. Mit Nachdruck forderte Kelek, diese wichtigen europäischen Errungenschaften zu verteidigen, denn sie garantierten den Schutz des Individuums vor Übergriffen jeglicher Art. Der Integrationsbeauftragte des Landes, Justizminister Prof. Dr. Ulrich Goll, sagte, dass die meisten der Frauen und Mädchen mit Migrationshintergrund gut integriert seien. Die Le-bensweise der meisten Migrantinnen sei weder integrationshemmend noch emanzipations-hinderlich. Viele – gerade Frauen und Mädchen aus der zweiten und dritten Generation – sind nach den Worten von Goll bildungs- und familienorientiert. Es sei mittlerweile unver-kennbar, dass Frauen mit Migrationshintergrund in ihren Familien eine Schlüsselfunktion einnehmen. Diese dienten oft als Ansprechpartnerinnen für Kindertagesstätten, Schulen und für das soziale Umfeld.Wie der Justizminister weiter sagte, befänden sich allerdings nicht wenige Migrantinnen in problematischen Familienverhältnissen, einige seien sogar von Zwangsheirat oder gar von so genannten Ehrenmorden bedroht. „Dies dürfen wir unter keinen Umständen ignorieren oder zulassen – auch dann nicht, wenn sich solche Praktiken unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit verstecken“, so Ulrich Goll. Bei der Bekämpfung der Zwangsheirat spiele Baden-Württemberg eine Vorreiterrolle. Neben der Bundesratsinitiative für ein Zwangsheirat-Bekämpfungs-Gesetz wurde ein Maßnahmenkonzept zur Bekämpfung der Zwangsheirat verabschiedet. Im Vordergrund steht nach den Worten des Integrationsbeauftragten die Schaffung von niedrigschwelligen Informations- und Hilfsangeboten. Gezielte Aufklärung, Information über die eigenen Rechte, über Beratungsstellen, über richtige Verhaltensweisen bei konkreter Bedrohung seien die Grundlage für die Bekämpfung von Zwangsehen. Zu diesem Zweck wurde unter Federführung des Integrationsbeauftragten die Informationsbroschü-re „Du entscheidest, wen und wann du heiratest“ erstellt. Darin werde klargestellt, dass ge-wisse Regelungen und Normen, denen die Frauen in ihrem familiären Umfeld unterworden sein können, mit der Rechtsordnung dieses Landes nicht vereinbar sind. Hans Ilg, Pressesprecher

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