Pressemitteilung

11.Juli 2014

Bullinger: EU und USA können Verbraucherschutz der Zukunft nur gemeinsam durchsetzen

In einem war sich der verbraucherschutzpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion,     Dr. Friedrich Bullinger, mit seinen Diskutanten im Haus der Abgeordneten einig: Grundsätzlich bietet ein transatlantisches Freihandelsabkommen erhebliche Chancen. Unter dem Titel „Die Furcht vor Genmais, Hormonfleisch, Chlorhühnchen & Co. – Was bringt der europäisch-amerikanische Freihandel uns Verbrauchern wirklich?“ hatte die FDP-Landtagsfraktion zu einer von über 90 Gästen besuchten Podiumsdiskussion eingeladen, in der Ulrich Schreyer, Wirtschaftsredakteur der Stuttgarter Zeitung, souverän moderierte.

Bullinger sagte, ihm komme in der Debatte über das Handelsabkommen die geostrategische Dimension zu kurz: „Die großen Verbrauchermärkte des 21. Jahrhunderts werden nicht mehr in Deutschland, Frankreich oder den Vereinigten Staaten liegen, sondern in China, Indien und womöglich in einem von Brasilien angeführten Block in Lateinamerika.“ Dies sei schlicht eine Frage der Bevölkerungsentwicklung und des wirtschaftlichen Aufstiegs der Schwellenländer. In China mit 1,3 Milliarden Menschen aber werde man sich herzlich wenig für unterschiedliche Verbraucherschutzstandards aus Europa oder Amerika interessieren. „Wenn es uns im Westen heute nicht gelingt, uns auf einheitliche Normen zu verständigen, die wir gemeinsam auf dem Weltmarkt durchsetzen, dann können wir unsere Qualitätsansprüche in 20 oder 30 Jahren in die Geschichtsbücher schreiben“, so Bullinger.

Der Außenwirtschaftsgeschäftsführer der IHK Stuttgart, Tassilo Zywietz sagte, das „Chlorhühnchen“ habe aus seiner Sicht Chancen bei der Wahl zum Unwort des Jahres, da es stellvertretend für die Unsachlichkeit stehe, mit der die Diskussion über das Handelsabkommen in Deutschland geführt werde. Erstens werde der Wohlstand in Baden-Württemberg von einem exportstarken Mittelstand erwirtschaftet, der sich vom Abkommen einen besseren Zugang zum amerikanischen Markt erhoffe. Und zweitens stünden Verbraucherschutzstandards bei den Verhandlungen gar nicht zur Debatte. Europäische Verbote und Regulierungen bestimmter Produkte würden durch ein Abkommen mit den Vereinigten Staaten keineswegs außer Kraft gesetzt. Vielmehr stünden unterschiedliche Normen im Industriebereich im Vordergrund.

Horst Wenk, stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Landesbauernverbands in Baden-Württemberg, vertrat den Standpunkt, dass die Verbraucherschutzstandards in den Vereinigten Staaten nicht unbedingt schlechter seien, sondern eben anders. Das berühmte Chlorhühnchen verdeutliche den kulturellen Unterschied. Während die Europäer höchsten Wert auf Hygiene im gesamten Produktionsablauf von der Tierhaltung im Stall bis zur Verpackung des Fleisches legten, sei für die Amerikaner die Keimfreiheit des Endproduktes ausschlaggebend. Deshalb werde das Hühnchen in Amerika unmittelbar vor der Verpackung in einem Chlorbad sterilisiert. Zugleich müsse aber bei den Verhandlungen einfließen, dass die amerikanische Landwirtschaft Fleisch deutlich günstiger produzieren könne als die europäische, da beispielsweise die Tierschutz- und Umweltauflagen in den USA nicht so umfassend seien wie hierzulande.

Die Chefin der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, Cornelia Tausch, beschrieb sowohl Risiken als auch Chancen für die Verbraucher. Der erhöhte Wettbewerb, die erhöhte Warenvielfalt und der Abbau von doppelten Produktstandards könnten sich in manchen Bereichen auch in sinkenden Preisen niederschlagen. Kritisch sah sie allerdings das Thema Investitionsschutz. Die nationalen Rechtsstaaten dürften im Rahmen des Abkommens nicht durch internationale Schiedsgerichte ausgehöhlt werden, bei denen fremde Unternehmen Staaten für bestimmte Verbraucherschutzgesetze verklagen könnten. Zudem beklagte sie seitens der EU-Kommission mangelnde Transparenz bei den laufenden Verhandlungsrunden.

Bullinger forderte abschließend, es müsse auf beiden Seiten des Atlantiks klare Kennzeichnungsregeln geben. „Der mündige Verbraucher muss sehen können, woher die Ware kommt, welche Bestandteile sie enthält, ob für die Erzeugung zum Beispiel gentechnisch veränderte Futtermittel verwendet wurden oder nicht. Was der Verbraucher dann am Ende in seinen Einkaufskorb legt, muss seine freie und eigenverantwortliche Entscheidung bleiben.“

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