Pressemitteilung

30.September 2015

Kern: Grün-Rot soll nicht auf Nebenkriegsschauplätze ausweichen, sondern Ergebnisse der Gemeinschaftsschul-Studien veröffentlichen

In einer Landtagsdebatte warf der bildungspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Dr. Timm Kern, der Landesregierung vor, auf Nebenkriegsschauplätzen viel Wind zu entfachen, um der zentralen Auseinandersetzung über pädagogische Mängel der grün-roten Gemeinschaftsschule aus dem Weg zu gehen. „Statt sich mit den Inhalten der in der ‚Frankfurter Allgemeinen Zeitung‘ wiedergegebenen Studie über die Geschwister-Scholl-Gemeinschaftsschule Tübingen zu befassen und daraus Konsequenzen zu ziehen, droht Herr Stoch der Zeitung mit einer Klage, oder hat er sie vielleicht schon eingereicht. Das ist zugleich auch der wenig überzeugende Versuch, die couragierte Journalistin Heike Schmoll einzuschüchtern“, sagte Kern.

Laut Zeitungsbericht stelle die Studie der Geschwister-Scholl-Gemeinschaftsschule ein vernichtendes Zeugnis aus. Kern wörtlich: „Nicht nur die Leistungsmessung und Lernkontrolle sind fragwürdig. Auch die Inklusion, das heißt, der gemeinsame Unterricht für Kinder mit und ohne Behinderungen, vollzieht sich völlig planlos. Vor allem scheint das Herzstück der Gemeinschaftsschul-Pädagogik, das individuelle Lernen, nicht zu funktionieren. Die Studie bestätigt offenbar die Befürchtungen der FDP-Fraktion, dass gerade die weniger leistungsstarken Schülerinnen und Schüler die Leidtragenden einer Pädagogik sein werden, die einseitig auf das individuelle Erledigen von Arbeitsblatt-Paketen setzt.“

Gerade die schwächeren Schülerinnen und Schüler seien in offenen und individualisierten Lernformen häufig die Leidtragenden, so Kern. „Das gilt in allererster Linie dann, wenn es mit der Lernkontrolle hapert – und ausgerechnet dies scheint an der Geschwister-Scholl-Schule in keiner Weise zu funktionieren. Die Lerntagebücher dienen lediglich als Taschenkalender, und die Lehrkräfte kommen mit der Überprüfung der Leistungen schlicht nicht hinterher. Die stärkeren Schüler aber bringen oft das Wissen und das Selbstbewusstsein von zu Hause mit, sich durch die einzelnen Aufgabenstellungen durchzubeißen.“

Es räche sich jetzt, dass Grün-Rot vor allem auf die demographische Not der Kommunen gesetzt habe, um die Verkaufszahlen beim Prestigeprojekt ‚Gemeinschaftsschule‘ hoch zu jagen. Kern: „Dadurch wurde oft den ums Überleben kämpfenden Schulen ein pädagogisches Konzept aufgenötigt, das im Grunde nicht zu ihnen passt und für das sie auch nur aus Einsicht in die Notwendigkeit einen Antrag stellten, aber nicht aus innerer pädagogischer Überzeugung. Es wäre klüger gewesen, wenn Grün-Rot dem Vorschlag der FDP-Fraktion gefolgt wäre und die 42 Starterschulen der ersten Runde als Modellversuch hätte laufen lassen. Sie hätten sich im Wettbewerb bewähren können, aber auch die Chance auf Verbesserungen gehabt. Grün-Rot ist den umgekehrten Weg gegangen, nach der Logik ‚von oben herab‘: Erst die Gemeinschaftsschule mit allen Details ins Schulgesetz und mit allen Privilegien in die Fläche und anschließend dann die Evaluation.“

Weiter sagte Kern: „Wer nun behauptet, die Geschwister-Scholl-Schule Tübingen sei ja nur eine von vielen Gemeinschaftsschulen, dem sei ein Blick in die Geschichte der Schule empfohlen. Schon seit dem Jahr 2008 gab es dort eine „Erweiterte Kooperation“ von Haupt- und Realschule und einem Teil Gymnasium. Also im Prinzip wohl beste Voraussetzungen, um das Experiment „Gemeinschaftsschule“ zu starten. Die Schule ist zum viel besuchten Informationsziel und Anschauungsort geworden, sozusagen zum Aushängeschild der Aushängeschilder. Grün-Rot soll nicht so tun, als wäre man wie im Straßenverkehr nur mal eben falsch abgebogen.“

Kern bezweifelte, dass der Kultusminister nicht über die Entwicklungen an der Geschwister-Scholl-Schule Bescheid wusste. „Die GSS unterliegt wie jede andere Schule der staatlichen Schulaufsicht und sollte mit einer neu eingeführten Schulform Gegenstand besonderer Aufmerksamkeit sein. Das heißt, entweder ist die Schulverwaltung ihrer Aufsichtspflicht nicht nachgekommen oder sie hat die Fehlentwicklungen in Tübingen unter den Teppich gekehrt.“

Timm Kern forderte, stattdessen die nächste Genehmigungsrunde für die Gemeinschaftsschulen auszusetzen, die 2016/17 an den Start gehen sollen. So könne verhindert werden, dass mit einem offensichtlich unausgegorenen Konzept weiter Schaden entsteht. „Vor allem fordert die FDP-Fraktion die Veröffentlichung der Ergebnisse der insgesamt zehn Gemeinschaftsschulgutachten – natürlich unter Wahrung des Datenschutzes. Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf zu erfahren, wie es um die Qualität der Gemeinschaftsschule bestellt ist.“

 

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