Pressemitteilung

23.Mai 2007

Kleinmann: Erfolgsweg Realschule nicht unbedacht mit Steinen pflastern

28 Prozent der Realschulabsolventen erwerben über Berufliche Gymnasien Hochschulreife – Der bildungspolitische Sprecher der FDP/DVP-Landtagsfraktion, Dieter Kleinmann, sagte in der Landtagsdebatte über die „Situation der Realschulen in Baden-Württemberg“: „Debatten und parlamentarische Initiativen zur Realschule sind vergleichsweise selten. Und so gut wie immer werden sie mit dem Hinweis eingeleitet, dass die Realschule eine stabile und erfolgreiche Schulart ist. Sie leistet hervorragende Arbeit – und steht offenbar gerade deshalb selten im Zentrum der bildungspolitischen Diskussion. So ist es auch im heute zugrunde liegenden Antrag formuliert.

Ich weise darauf hin, dass dies gegenwärtig so nicht gilt: die im Raum stehenden Forderungen, die Hauptschule abzuschaffen, zielen unausgesprochen, aber mit zwingender Konsequenz auch auf die Abschaffung der bewährten, erfolgreichen Schulart Realschule. Ich will die Schulstruktur-Debatte, die wir noch führen werden, nicht vorwegnehmen. Aber wir können heute nicht über die Realschule reden, ohne diese Konsequenz klar vor Augen zu haben. Warum ist die Realschule so erfolgreich und vor allem: Woran misst sich ihr Erfolg? Es gibt dafür letztlich nur einen Maßstab, und der lautet: Wie bereitet die Realschule ihre Schülerinnen und Schüler auf ihr Leben in der Gesellschaft und im Beruf vor, wohin entlässt sie ihre Absolventen? Seit Jahren besucht mehr als ein Viertel (circa 28 Prozent) der Realschulabsolventen anschließend das berufliche Gymnasium und erwirbt dort die Hochschulzugangsberechtigung. Das ist ein Beitrag zum Thema „Kein Abschluss ohne Anschluss“, das ist auch ein Beitrag zum Thema Abhängigkeit der Bildungsteilhabe von der sozialen Herkunft. In den PISA-Untersuchungen, daran kann nicht oft genug erinnert werden, wird dieser baden-württembergische Weg über Realschule und berufliches Gymnasium nicht berücksichtigt. Dieses gute Viertel der baden-württem¬bergischen Realschülerinnen und -schüler, die anschließend eine Hochschulzugangsberechtigung erwerben, ist bei PISA eben noch in der Realschule und wird hinsichtlich ihrer Bildungsteilhabe falsch zugerechnet. Das statistische Landesamt hat vor wenigen Tagen mitgeteilt, dass im Jahr 2006 35 Prozent der Ausbildungsverträge mit Jugendlichen geschlossen wurden, die einen Realschulabschluss haben. Das sind in absoluter Zahl knapp 27.000 Jugendliche – und damit praktisch „verlustfrei“ die anderen drei Viertel der Realschulabsolventen, die nicht anschließend auf das berufliche Gymnasium wechseln. Das ist die Realität dieser Schulart, das ist ihr Erfolg. Ich will nicht – und niemand sollte wollen – , dass dieser Erfolg fahrlässig aufs Spiel gesetzt wird. Aber der Erfolg auch der Realschule muss ständig neu gesichert werden. Auch die Realschule muss sich neuen Anforderungen stellen, sich also kontinuierlich weiterentwickeln. Die Landesregierung hat in ihrer Stellungnahme dargelegt, auf welchen Feldern und mit welchen Zielen diese Weiterentwicklung gegenwärtig vor allem erfolgt. Ich will hier den Bereich des Fremdspracherwerbs hervorheben und dabei insbesondere den Ausbau des bilingualen Unterrichts (an der Rheinschiene = Französisch). Derzeit gibt es bilingualen Unterricht in einzelnen Fächern und in Unterrichtssequenzen an etwa 25 Prozent der Realschulen. Es muss Ziel sein, dies für möglichst alle Realschulen zu erreichen. Die Einführung der an Themen orientierten Projekte ist ein richtiger und wichtiger Schritt der Weiterentwicklung dieser Schulart. Er ist passgenau für die Realschule, weil in jedem der obligatorischen vier Projekte Handlungsorientierung und Praxisbezug im Mittelpunkt stehen, und zwar in Zusammenarbeit mit jeweils entsprechenden außerschulischen Partnern. Mit dem Lob stehe ich nicht allein. Der Unterausschuss „Bürgerschaftliches Engagement“ des Deutschen Bundestags hat sich vor zwei Jahren zum Beispiel mit dem Themenorientierten Projekt „Soziales Engagement“ befasst. Er hat festgestellt, dass dieses Beispiel auch in anderen Bundesländern Nachahmung finden sollte. Die Realschule ist ein Erfolgsmodell. Sie eröffnet ihren Absolventinnen und Absolventen hervorragende Chancen – entweder direkt auf dem Arbeitsmarkt oder auf dem Weg über das berufliche Gymnasium zum Studium. Und nicht zuletzt: Die Realschule hat engagierte Lehrerinnen und Lehrer. Gemeinsam mit ihnen sind wir auf gutem Weg. Wir sollten und dürfen diesen Weg nicht unbedacht mit Steinen pflastern.“ Hans Ilg, Pressesprecher

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