Pressemitteilung

15.November 2018

Reich-Gutjahr: Gründer fordern mehr Mut von der Politik

Unternehmensgründungen – Voraussetzung und Indikator für einen lebendigen und starken Wirtschaftsstandort. Damit befasste sich die FDP/DVP Fraktion bei einer Veranstaltung am gestrigen Abend eingehend. Unter dem Titel „fail early, fail often“ kamen junge Gründer mit etablierten Marktteilnehmern zusammen beim „Foyer Liberal“ der FDP/DVP im Landtag, um über die Herausforderungen des Unternehmertums von der frühesten Idee bis zur finalen Unternehmensnachfolge zu diskutieren. Nach der Begrüßung durch den stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Jochen Haußmann gab die wirtschaftspolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Gabriele Reich-Gutjahr, einen Überblick über das Gründergeschehen in Deutschland und Baden-Württemberg. „Die Zahl der Unternehmensgründung ist seit 2009 rückläufig da der sichere Arbeitsplatz dem Wagnis der Gründung vorgezogen wird. Erfreulich ist aber, dass die Zahl der Chancengründungen zunimmt. Im digitalen Zeitalter liegen die Ideen auf der Straße, man muss sie nur ergreifen“, so Reich-Gutjahr.  Sie selbst entstamme einer Unternehmerfamilie, habe aber zunächst als Angestellte gearbeitet, bis sie schließlich mit 50 Jahren den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt habe. „Gründen ist übrigens keineswegs ein Phänomen der Jugend, Statistiken zeigen uns, dass die Zahl der über 50 Jahre alten Gründer vergleichbar mit den Gründungen derer in den zwanziger Lebensjahren ist“, ergänzt sie.

Auf dem Podium ergriff zunächst Maria Dietz, Mitglied im Verwaltungsrat der GFT Technologies SE, das Wort und betonte, dass man im Umgang mit neuen Technologien einen Satz nicht gelten lassen darf: „Das haben wir schon immer so gemacht.“ Sie gründete ihr Unternehmen in St. Georgen im Schwarzwald zu einer Zeit, in der dort zwar günstige Mieten, aber kaum Fachkräfte verfügbar gewesen seien. Deshalb habe sie später die Firma „code_n“ als „global innovation hub for digital pioneers“ ins Leben gerufen, als Plattform für Innovation und Vernetzung. Die Frage der Unternehmensnachfolge stelle sich ihrer Erfahrung nach mit Blick auf die rechtlichen und finanziellen Hürden, die hierzulande bestünden, u.a. nannte sie die Neid-Diskussion um die Erbschaftssteuer.

Bei der Gründung der CeGaT GmbH stellte sich auch für Dr. Saskia Biskup, die Frage nach der Anschubfinanzierung. Wie Maria Dietz nutze sie keine Gründerförderung, sondern private Mittel und einen privaten Bankkredit, um die kostenintensive Anfangsphase zu stemmen. Später stellte ein erfahrener Unternehmer Finanzmittel zur Verfügung, der die Idee der Humangenetik als richtungsweisend erkannte. Einige Dekaden zurück gab es diese schlicht nicht und heute sei das Angebot unübersichtlich. Ihre Kritik galt dem überbordenden Datenschutz, der häufig verhindere, dass man in ihrem Bereich der Medizintechnik zu tragfähigen neuen Erkenntnissen käme.

Die Geschäftsführerin der „Global Flow GmbH“, Nadine Speidel,  hatte eine disruptive Idee für den Umgang mit Wertstoffen in Firmen, die sie binnen eines halben Jahres zu einem eigenen Start-Up machte. Sie pflichtete Gabriele Reich-Gutjahr bei, dass man „aus der Komfortzone heraus müsse“, um zu gründen und `German Mut´ zu zeigen. Dem Veranstaltungstitel `fail early, fail often´ entsprechend resümierte sie, dass sie bereits nach kurzer Zeit auch eigene Versäumnisse festgestellt habe, etwa den Vertrieb lange unterschätzt zu haben.

Patrick Luik als jüngster Podiumsteilnehmer, Gründer und Geschäftsführer der „Code2Order GmbH“, gelang der Markteinstieg mit einer Idee aus einem Biergarten, wo der Service nicht schnell genug arbeitete. Mit einer neuen digitalen Technologie beliefere man mittlerweile die Gastronomie und Hotels. Sie starteten im Keller der Großeltern bevor sie in die startup Räume der GFT einzogen. Dort schätzt er den Austausch mit Gründern und Erfahrenen. Erfolgsfaktor Nummer 1 sei aber, dass man dahin geht, wo der Kunde ist. Sie finanzieren sich aus dem Cash-flow und reinvestieren alle Gewinne. Er warb für politische Weichenstellungen, die den Gründer entlasten, wie etwa steuerfreie Jahre für mehr finanzielle Spielräume oder Freiräume von Bürokratie sowie ein gründerfreundliches Insolvenzrecht. Er wünscht sich, dass wir – auch in der Politik- in Chancen denken statt in Risiken.

Auf einem „Markt der Möglichkeiten“ präsentierten vor und nach der Podiumsdiskussion mehr als ein Dutzend Start-Ups ihre Idee den anwesenden Gästen. Auch hier gab es Gelegenheit zum Netzwerken und zum Austausch über die Erfahrungen. Zu den Wünschen an die Politik gehören beispielsweise zeitgemäße Arbeitszeitregelungen und mehr Mut zur Veränderung, um einen Rahmen zu schaffen, der es jungen, wachsenden Unternehmen ermöglicht, am Standort Deutschland zu bestehen.

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