Pressemitteilung

27.Oktober 2021 - Recht und Verfassung

Rülke: Es müssen mehr Frauen ins Parlament, aber der Landtag darf nicht aus den Nähten platzen

FDP fordert Reduktion der Zahl der Wahlkreise von 70 auf 60.


In der von der FDP/DVP-Fraktion beantragten Debatte zur zukünftigen Gestaltung des Landtagswahlrechts bekannte sich der Fraktionsvorsitzende Dr. Hans-Ulrich Rülke klar zum Ziel, mehr Frauen in den Landtag zu bringen. Hierfür seien folgende Eckpunkte unstreitig: Die Einführung einer Zweitstimme und geschlossene Listen. Außerdem sprach er sich bei dieser Gelegenheit für die Einführung des Wahlrechts ab 16 aus.

 

„Wer das Wahlrecht ändern will darf aber nicht nur die Diversität in den Blick nehmen, sondern muss auch auf die Größe des Parlaments achten!“ – gab Rülke zu bedenken und führte als Tatsachen aus: Die Soll-Größe des baden-württembergischen Landtags liege bei 120, die derzeitige Ist- Größe bei 154. Die Soll-Größe des Bundestags liege bei 598, die Ist-Größe nach den Wahlen vor wenigen Wochen bei 736, wobei an die 1000 möglich und befürchtet worden waren.

 

Es sei zwingend notwendig, die Wahlrechtsänderung als stringentes Gesamtpaket auf den Weg zu bringen, Zeitdruck herrsche dabei nur bedingt. „Die nächste Wahl ist 2026 und kommt nicht schneller, wenn man das Wahlrecht schnell ändert. Oberstes Ziel muss sein, zu einer vernünftigen Reform zu kommen. Und da spielt es keine Rolle, ob der Landtag die Wahlrechtsreform noch Ende 2021 entscheidet oder Mitte 2022.“

 

Als Gründe für die sich abzeichnende Aufblähung des Landtags sieht Rülke drei Treiber an: Die Verelendung der Volksparteien, die wachsende Zahl der Fraktionen sowie die Möglichkeit zum Stimmensplitting. Das baden-württembergische Innenministerium hätte zwar in seiner Analyse über die Auswirkungen von Wahlrechtsänderungen festgestellt, dass die Zahl der Abgeordneten bei der angedachten Wahlrechtsreform gleichbleibe – aber nur, wenn niemand von der Möglichkeit des Splittings Gebrauch mache. „Genau diese Möglichkeit wollen wir aber einführen“, so Rülkes Feststellung.

 

Er rechnet vor, dass die von der grün-schwarzen Koalition in Baden-Württemberg gewünschte Reform zu einer Landtagsgröße von zwischen 250 und 300 Abgeordneten führen könne und fragt: „Was hieße das für die Akzeptanz der Bevölkerung? Was hieße das für die Akzeptanz der Steuerzahler?“

 

Im Bundestag hätte man mittlerweile erkannt, dass es nur ein wirksames Mittel gegen das permanente Anschwellen des Parlaments gibt, nämlich die Reduktion der Zahl der Wahlkreise. Im Landtag verhalte sich dies exakt gleich. Rülkes Lösungsvorschlag: „Deshalb schlagen wir konkret vor, die Zahl der Landtagswahlkreise von 70 auf 60 zu reduzieren.“

 

„Nun höre ich den Vorwurf, dieser Vorschlag sei ein Schnellschuss“, so Rülke: „Beim Blick in die Geschichte stellen wir allerdings fest, dass der damalige SPD-Innenminister Frieder Birzele diesen Vorschlag bereits vor sage und schreibe 30 Jahren gemacht hat. Und die SPD-Fraktion in jenen Jahren immer wieder eine Interfraktionelle Kommission angeregt hat mit dem Ziel, die Zahl der Wahlkreise zu reduzieren. Sieht so ein Schnellschuss aus?

 

Aus den Reihen der Grünen gab es den Vorwurf des damaligen Fraktionsvorsitzenden Dieter Salomon, die FDP blamiere sich bis auf die Knochen, weil sie in der Opposition bereits vor 1996 die Verkleinerung auf 60 Wahlkreise gefordert aber in der Regierung gegen die CDU nicht durchgesetzt habe. Dieter Salomon ist 2002 aus dem Landtag ausgeschieden.

Sieht so ein Schnellschuss aus?

 

Aus den Reihen der Grünen kam damals auch ein Antrag zu Eckpunkten zur Wahlrechtsreform. In Drucksache 11/2250 vom 14. Juli 1993 hat die damalige grüne Fraktion eine Reduktion der Wahlkreise auf 50 gefordert, Herr Kollege Schwarz.

Und in Drucksache 13/90 vom 17. Juli 2001 wurde von der damaligen Fraktion der Grünen die Forderung nach einem Zweistimmenwahlrecht erhoben. Und wissen Sie was noch, Herr Kollege Schwarz? Sie waren damals noch nicht dabei, deshalb verrate ich es Ihnen: Ihre damalige Fraktion hat beantragt, die Zahl der Wahlkreise von 70 auf 60 zu reduzieren. Sie wollten damit die Zahl der entstehenden Ausgleichsmandate verringern, was heute noch dringlicher ist, als damals. Sieht so ein Schnellschuss aus?“

 

Der grüne Abgeordnete Thomas Oelmayer hatte in der Plenardebatte vom 11. November 2004 überdies die CDU-Fraktion mit dem Vorwurf: „Angst um Pfründe: CDU stur“ gegeißelt. Es ging auch damals um die Reduktion der Zahl der Wahlkreise. – „Sieht so ein Schnellschuss aus?“ – so Rülkes Frage an die Fraktionen „nein, liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht hier nicht um Schnellschüsse, sondern um eine alte Volksweisheit: Die größten Kritiker der Elche sind am Ende selber welche!“

 

Rülke fasst zusammen: „Im Ergebnis meine Damen und Herren: Die FDP-Fraktion will eine Reform des Wahlrechts. Wir wollen mehr Frauen im Parlament und wir wollen auch das Wahlrecht ab 16. Aber es kann nicht sein, dass eine Reform zu Lasten des Steuerzahlers die Gefahr ausblendet, dass der Landtag in seiner Größe explodiert!“