Pressemitteilung

08.Juni 2016

Rülke: „Thomas Strobl hat bei den Koalitionsverhandlungen nicht sehr gestört“

Als eine Fortsetzung der grün-roten Koalition mit einem anderen Juniorpartner bezeichnet der FDP-Fraktionsvorsitzende Dr. Hans-Ulrich Rülke den Start der grün-schwarzen Regierungskoalition in Baden-Württemberg. Die Handschrift der CDU sei weder in der Regierungserklärung noch im Koalitionsvertrag sichtbar geworden. Ministerpräsident Kretschmann habe den Juniorpartner ausgetauscht und führe die grün-rote Politik unverändert weiter. So die Kernthese von Rülke in der heutigen Aussprache zur Regierungserklärung des Ministerpräsidenten im Stuttgarter Landtag.

Rülke schloss sich zunächst dem Bekenntnis des Ministerpräsidenten zu einem Bündnis der proeuropäischen Parteien gegen eine „nationalistische, autoritäre und rückwärtsgewandte Politik“ an. Es dürfe nicht zugelassen werden, dass Hetze gegenüber Minderheiten in Deutschland wieder politisch salonfähig werde.

Er halte es auch für richtig – so Rülke – dass die Regierung sich im Existenzgründerbereich für „eine Kultur des Scheiterns“ und somit für eine zweite Chance stark mache. Allerdings sei – wie an vielen Stellen der Regierungserklärung und des Koalitionsvertrages – nicht deutlich, was dies konkret heiße. Er vermisse nachvollziehbare inhaltliche Vorschläge.

Sammelsurium an Gemeinplätzen

Allgemein sei Kretschmanns Regierungserklärung von zwei Leitmotiven durchzogen: Raunen im Ungefähren und dem Sieg über die CDU in den Koalitionsverhandlungen. Der Ministerpräsident habe ein Sammelsurium an Gemeinplätzen aufgelistet. So auf Seite 19 seines Manuskripts: „Auf die Qualität der Lehre an den Hochschulen werden wir einen Schwerpunkt setzen.“ Oder auf Seite 24: „Wir können es schaffen…wenn wir die Sache mutig, pragmatisch und realistisch angehen.“ Im Bildungsbereich glänze Kretschmann mit der schwammigen Aussage „Wir werden uns auf die Weiterentwicklung und Optimierung des Begonnenen konzentrieren“. Gleichzeitig symbolisiere diese Aussage den Erfolg über die CDU bei den Koalitionsverhandlungen auf der ganzen Linie. So könnten weiter Gemeinschaftsschulen eingerichtet werden und auch Oberstufen seien weiter möglich. Zur Windkraft habe der Ministerpräsident erklärt, deren Ausbau gehe weiter. Auch die „Politik des Gehörtwerdens“ habe wieder Eingang in die Regierungserklärung gefunden, obgleich die CDU-Abgeordneten sich fünf Jahre lang jedes Mal auf die Schenkel geklopft hätten, wenn dieses Wort im Landtag gefallen sei, so Rülke.

CDU ist der Verlierer der Koalitionsverhandlungen

Die Regierungserklärung, so Rülke weiter, passe aber gut zum Koalitionsvertrag. Jener sei von drei Leitmotiven durchzogen. 1.) Allgemeines Blabla. 2.) Die CDU ist der Verlierer der Koalitionsverhandlungen. Und 3.) Prüfen statt handeln.

Beispiele für Blabla gesucht? Seite 42: „Die Studienabbrecherquoten werden wir mit geeigneten Maßnahmen senken – besonders…in besonders betroffenen Fächern.“ An vielen Stellen gebe es Forderungen und Ankündigungen. Meistens folge dem aber nichts Konkretes. Insbesondere haushaltswirksame Maßnahmen würden nicht konkretisiert und stünden unter Finanzierungsvorbehalt. So finde sich der wichtigste Satz des Koalitionsvertrages überhaupt auf Seite 11 und beziehe sich auf einen allgemeinen Finanzierungsvorbehalt: „Für alle finanzwirksamen Maßnahmen gilt ein Haushaltsvorbehalt.“ Dies, so Rülke, „gilt dann auch für Ihre 1500 Polizisten, Herr Strobl“, so Rülke wörtlich. Es stehe also zu erwarten, dass diese Trophäe des CDU-Landesvorsitzenden wie auch die anderen wenigen CDU-Erfolge sukzessive von der grünen Finanzministerin eingesammelt würden. Lediglich die Nichtumsetzung der Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte und das kommunale Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen sei im Koalitionsvertrag so verankert, dass auch eine Umsetzung zu erwarten sei. Aber die Kennzeichnungspflicht hätten die Grünen nicht einmal gegen die SPD durchgesetzt. Und dies, obgleich sie im Koalitionsvertrag gestanden habe.

Auf ihrem angeblichen Kompetenzfeld der Innenpolitik habe sich die CDU übel über den Tisch ziehen lassen, so Rülke weiter. So habe die Union die Wiederauferstehung des Freiwilligen Polizeidienstes gefeiert. Der grüne Innenpolitiker Sckerl habe der CDU diesen Zahn aber schon wieder gezogen: freiwilliger Polizeidienst ja, aber ohne Uniform und ohne Waffen. Dafür habe die CDU auch in diesem Bereich grüne Kröten geschluckt, wie den Bürgerbeauftragten.

Vetorechte der Grünen

Bei der Einstufung der Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsländer hätten die Grünen auch nach wie vor ein Vetorecht und Strobls 1500 Polizisten würden dem allgemeinen Vetorecht der Finanzministerin unterliegen.

Wie Hans-Ulrich Rülke weiter sagte, habe man bei der Windkraft lediglich die bestehende Rechtslage bekräftigt, was auch für den Ausbau der Gemeinschaftsschulen gelte. Die CDU habe eine Begrenzung auf zehn Standorte gefeiert, im Koalitionsvertrag stehe aber lediglich drin, dass man „davon ausgehe“, dass es nicht mehr würden. Beim sogenannten G-9- Schulversuch habe die CDU diesen stets in Bausch und Bogen verdammt und führe ihn nun weiter.

Ansonsten werde in diesem Vertragswerk nur geprüft und nie gehandelt. Beim Bürokratieabbau werde geprüft. Beim Kinderbildungspass werde geprüft. Beim Tariftreue- und Mindestlohngesetz werde zwar nicht geprüft, aber evaluiert, was dasselbe sei. Ebenso werde das Zweckentfremdungsverbot evaluiert. Das Bildungszeitgesetz solle evaluiert werden, ebenso wie eine private Beteiligung beim Breitbandausbau  und so weiter und so fort.

Vergebliche Suche nach schwarzer Tinte

532 Mal finde sich „wollen“ statt „machen“ in diesem Vertragswerk, so Rülke. 132 Mal „prüfen“ und zwar ohne „evaluieren“. Lediglich 36 Mal sei hingegen von „umsetzen“ die Rede, und diese 36 Mal „umsetzen“ stünden unter Finanzierungsvorbehalt. Sämtliche CDU-Projekte, so Rülke, würden am Ende entweder als Prüfauftrag oder am Finanzierungsvorbehalt scheitern. Einzig die Kennzeichnungspflicht für Polizisten habe die CDU verhindert, aber das habe auch schon die SPD geschafft. Im Fazit gehe Grün-Rot ohne Änderung weiter. Er habe intensiv im Koalitionsvertrag nach der schwarzen Tinte gesucht, von der Herr Strobl gesprochen habe, so Rülke. Er habe auch sämtliche bekannten Verfahren zur Sichtbarmachung von Zaubertinte angewandt, so Rülke. Es sei aber nichts zum Vorschein gekommen.

Vor zehn Jahren habe ein gewisser Thomas Strobl, damals als CDU-Landesgeneralsekretär, den Satz geprägt: „Die FDP hat beim Regieren nicht sehr gestört.“ Heute, so Rülke, müsse man feststellen: „Thomas Strobl hat bei den Koalitionsverhandlungen nicht sehr gestört!“

Koalition nur konkret bei Gier nach Ämtern

Konkret sei diese Koalition nur bei ihrer Gier nach Ämtern gewesen. Zwei Regierungspräsidentenposten habe man sich unter den Nagel gerissen und auf Kosten des Steuerzahlers die Zahl der Staatssekretäre in nie dagewesener Weise ausgeweitet.

Kiwi ist nicht nur eine Frucht, sondern auch ein Vogel, der nicht fliegen kann

Insgesamt sei diese KiWi-Koalition nicht gerade ein besonders zukunftsfähiges Projekt. Immerhin der Name sei treffend gewählt. Kiwi sei ja nicht nur eine Frucht, sondern auch ein Vogel. In Neuseeland durchaus verbreitet. Sehe man bei Wikipedia nach, ergäben sich große Parallelen zwischen dem Vogel und dieser Koalition:  Die Kiwis „haben…Flügel, sind aber nicht in der Lage, damit zu fliegen.“ Die Flügel trügen Krallen. „Die Krallen haben aber keine erkennbare Funktion.“ Außerdem besitzen Kiwis „keinen äußerlich erkennbaren Schwanz.“ Der Kopf „der Kiwis ist relativ klein, der Schnabel dafür sehr lang.“ Und bei den Weibchen sei der „Schnabel um gut 30 Prozent größer, als bei den Männchen.“ Und die verheißungsvollste aller Parallelen: „Um im Stand das Gleichgewicht zu halten, stützen sich Kiwis oft auch ihren Schnabel.“

Es sei also zu erwarten, dass diese Koalition ihrem Namen alle Ehre machen werde und im Interesse des Landes zu hoffen, dass diese Koalition in Baden-Württemberg auch nur eine kurze Episode bleibe, so Rülke abschließend.

 

 

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