Pressemitteilung

05.Oktober 2008

Theurer: Harte Regelung zur Schuldenbegrenzung ist Voraussetzung für Erfolg

Ohne striktes Verschuldungsverbot keine Hilfeleistung für finanzschwache Länder – In der Debatte über die Regierungserklärung des Ministerpräsidenten zur Föderalismuskommission II sagte der stellvertretende FDP/DVP-Fraktionsvorsitzende und europapolitische Sprecher Michael Theurer unter anderem: „Wir diskutieren heute über die Föderalismusreform II. Es gab einen ersten Block, der gut über die Bühne gegangen ist. Er hat die Länderrechte gestärkt und dazu geführt, dass die Länder vor allem in der Bildung und Wissenschaft ausschließliche Kompetenzen erhalten haben. Jetzt repräsentieren Ländervertreter beispielsweise bei der europäischen Gesetzgebung im Rat die Bundesrepublik Deutschland. Wenn man von den sogenannten Verwaltungsthemen wie Steuerverwaltung, Justizorganisation und Bundesstraßen absieht, geht es in der Föderalismuskommission II im Wesentlichen um drei Themenkomplexe:

• um die Schaffung eines wirksamen Mechanismus der Schuldenbegrenzung, um die Fortsetzung und Wiederholung der seitherigen Schuldenpolitik zu verhindern. Dies ist auch die Position, die die FDP in der Föderalismuskommission und hier im Landtag vertritt. • Weiter geht es um die Bewältigung der Altschuldenproblematik und die Frage so-lidarischer Hilfen für Länder, die aus strukturellen Gründen zur Schuldenbewältigung tatsächlich nicht in der Lage sind. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir gutes Geld unserer Steuerzahler nun an einen Altschuldenfonds überweisen, wenn nicht geklärt ist, ob es in diesen Ländern in Zukunft wieder neue Schulden gibt. Das heißt, ein striktes Verschuldungsverbot ist Grundvoraussetzung dafür, dass wir guten Gewissens sagen können: Wir geben Geld in einen Altschuldenfonds. Sonst ist das ein Fass ohne Boden.• Drittens geht es um die Ausgestaltung einer der Autonomie der Länder stärker Rechnung tragenden, eigenständigen Finanzausstattung der Länder. Die FDP plädiert seit langem dafür, dass die Länder eine eigene Steuerautonomie mit Zu- und Abschlagrechten bekommen, so dass sie eine gewisse eigene Gestaltungsmöglichkeit haben.Faktisch nicht auf der Agenda stehen – obwohl grundsätzlich durchaus in diesen Zu-sammenhang gehörend – Fragen der Neuordnung des Länderfinanzausgleichs und einer Erleichterung der Neuordnung von Bundesländern. Wir denken, das hätte un-bedingt mit hineingenommen werden müssen. Dazu hat die FDP-Bundestagsfraktion einen eigenen Gesetzentwurf eingebracht, der die Abschmelzung auf 50 Prozent der Leistungen über 20 Jahre hinweg vorsieht, gleichzeitig aber den bisherigen Plafond garantiert, so dass sowohl die Nehmerländern als auch die Geberländer ein Interes-se an einer Reform haben müssten – denn, der jetzige Länderfinanzausgleich ist kontraproduktiv. Er setzt die falschen Anreize.Die drei genannten Themenkomplexe stehen in einem engen Zusammenhang. Dabei ist eine strikte Schuldenbegrenzung das A und O. Ohne strikte Schuldenbegrenzung ist es völlig undenkbar, anderen Ländern Konsolidierungshilfen zu gewähren.„Strikte Schuldenbegrenzung“ muss auch tatsächlich strikte Schuldenbegrenzung bedeuten: Der Normalfall muss sein, den Haushalt ohne jegliche Nettokreditaufnah-me auszugleichen. Gerade wenn – zu Recht – darauf hingewiesen wird, dass es bestimmte, aber eng umgrenzte Ausnahmesituationen geben kann, muss „Netto Neu Null“ als Normalfall definieren und dies auch in den Verfassungen verankern.Auf dieser Basis – Netto Neu Null als Grundlage – sind Regelungen denkbar, die ein Abfedern konjunktureller Schwankungen ermöglichen. Es kann sinnvoll sein, in konjunkturell schlechten Zeiten wegbrechende Steuereinnahmen durch kurzfristige Kreditaufnahmemöglichkeiten abfedern zu können, und in konjunkturell guten Zeiten Überschüsse zu bilden. Dies kann insbesondere dann funktionieren, wenn zuerst aus Überschüssen Rücklagen gebildet werden, die in konjunkturell schwierigen Zeiten zum Haushaltsausgleich eingesetzt werden können.In jedem Fall aber setzt die Vorstellung eines derart „atmenden“ Haushalts voraus, dass die hierzu mögliche Kreditaufnahme in der Höhe (bezogen auf den jeweiligen Haushalt) und in der Zeit (Periode einer verbindlichen Rückführung) deutlich be-grenzt ist. Dass es daneben in echten Katastrophensituationen Ausnahmen geben muss, versteht sich fast von selbst. Wenn hier besondere Bedingungen für eine Kreditaufnahme gelten sollen, sollten auch besondere Bedingungen für ihre Inanspruchnahme gelten, nämlich die Bindung an eine qualifizierte parlamentarische Mehrheit.Unstrittig ist, dass ein Frühwarnsystem erforderlich ist, um die Einhaltung der Ver-schuldensgrenzen zu überwachen. Wir meinen, dass ein solches System auch mit Sanktionsmöglichkeiten ausgestattet werden muss; Empfehlungen allein werden nicht ausreichen. Konsolidierungshilfen für einzelne Länder können nur Teil einer insgesamt guten, überzeugenden Lösung sein.Grundsätzlich tragen der Bund und die einzelnen Länder die Verantwortung für die ihnen zuzurechnenden Schulden. Jedes Land hat seine Schulden selbst zu bedienen. Nur Länder, die aus strukturellen Gründen zur Schuldenbewältigung tatsächlich nicht in der Lage sind, können Hilfen erhalten.Eine inflationär aufgeblähte Zahl potentieller Hilfeempfänger würde den gesamten Prozess der Föderalismuskommission II zurückwerfen. 5-Länder-Lösungen, von denen unlängst aus dem Bundesfinanzministerium zu hören war, taugen sicher nicht.Wenn hierfür Lösungswege gefunden werden, gehört der letzte Punkt des Gesamtpakets zwingend dazu. Ohne eine Stärkung der Steuerautonomie der Länder, ohne eine Übertragung von Gesetzgebungskompetenzen auf die Länder sind Hilfen unter den Ländern schwer vorstellbar, und manche Sanktionsmechanismen eines Früh-warnsystems – z.B. der Zwang zur Erhebung von Steuerzuschlägen – wären mangels Grundlage gar nicht umsetzbar. Wir plädieren dafür, die Gesetzgebungskompetenz bei Steuern, die allein den Ländern und Gemeinden zustehen, auf die Länder zu übertragen. Und wir plädieren für Zuschlags- bzw. Hebesatzrechte bei der Einkom-men- und Körperschaftsteuer.Unsere Perspektive: Mit einer kleinen Lösung, die nicht alle genannten Themenbereiche umfasst, darf man sich nicht zufrieden geben. Kernbereich ist eine harte Regelung zur Schuldenbegrenzung. Gelingt dies, werden auch Lösungen in den ande-ren Bereichen möglich werden. – Gelingt dies aber nicht, wäre die Föderalismus-Kommission faktisch gescheitert. Es stellt sich immer wieder die Frage, wo ist denn das Leitbild eines Verschuldungsverbots verwirklicht? Es gibt eine staatliche Ebene, in der wir Mitglied sind, nämlich die Europäische Union, die dieses Leitbild verwirklicht hat. Die EU hat als einzige quasi staatliche Ebene kein Verschuldungsrecht, und es funktioniert trotzdem oder vielleicht gerade deshalb.“

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