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Hinterkopf eines Mannes mit Kippa in Fußgängerzone

Stuttgart – Mit einem gemeinsamen Entschließungsantrag stellen sich die Landtagsfraktionen erneut gegen jede Form des Antisemitismus. In dem Antrag, der am morgigen Donnerstag im Plenum beraten wird, geht es insbesondere um den Umgang mit Versammlungen an jüdischen Erinnerungs- und Begegnungsorten in Baden-Württemberg.

Die Fraktionen fordern einstimmig, dass Veranstaltungen und Demonstrationen, die etwa auf Plätzen alter Synagogen stattfinden, um damit die jüdische Geschichte zu verunglimpfen, besonders in den Blick genommen werden. Versammlungsbehörden und die Polizei müssten fortlaufend Orientierung und Unterstützung im Umgang mit antiisraelitischen und antisemitischen Versammlungen erhalten, sind sich die Fraktionen einig. Denn: „Antisemitische Hetze und Judenfeindlichkeit unter dem Deckmantel der Versammlungs- und Meinungsfreiheit dürfen nicht geduldet werden.“

Bereits im Januar 2022 hatte das Innenministerium den Versammlungsbehörden in Baden-Württemberg eine Handreichung zum Umgang mit antiisraelischen Versammlungen im Umfeld von Synagogen und anderen jüdischen Einrichtungen unter Beachtung der geltenden Rechtslage gegeben. Die Fraktionen fordern das Innenministerium nun auf, diesen wichtigen Handlungsrahmen stetig weiterzuentwickeln.

Dazu sagt Andreas Schwarz, Vorsitzender der Grünen-Fraktion: „Wir verurteilen jede Verharmlosung und Verächtlichmachung der Opfer des Dritten Reichs auf das Schärfste. Ich empfinde tiefste Abscheu, wenn Menschen sich mit den Opfern des Holocaust vergleichen, indem sie beispielsweise auf Anti-Corona-Demos einen Davidstern mit der Aufschrift ‚ungeimpft‘ tragen. Wenn solche Veranstaltungen an Orten stattfinden, die für die jüdische Gemeinschaft von großer Bedeutung sind, ist das erst recht inakzeptabel. Antisemitismus hat in unserem Land nichts verloren.“

CDU-Faktionsvorsitzender Manuel Hagel MdL ergänzt: „Jüdisches Leben hat in Baden-Württemberg nur einen Platz: Und zwar in der Mitte unserer Gesellschaft. Heute senden wir ein starkes Signal: Wir machen uns stark für eine Gesellschaft, in der Antisemitismus keinen Platz hat. Wir schauen nicht weg, wir schauen genau hin. Jede Jüdin und jeder Jude soll in Baden-Württemberg frei, sicher und gerne leben können. Das Demonstrationsrecht ist unserer Demokratie ist ein hohes Gut. Dass aber Menschen dieses Recht dort missbrauchen, wo während der schlimmsten Zeit unserer Geschichte Synagogen brannten, nehmen wir nicht hin. Solche bewussten Provokationen und Grenzüberschreitungen lassen wir uns als wehrhafte Demokratie nicht gefallen. Unsere Botschaft ist klar: Antisemitismus hat in Baden-Württemberg keinen Platz.“

Der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Andreas Stoch, äußert sich wie folgt: „Jüdisches Leben war und ist mitten unter uns, und darum liegen auch viele dieser Plätze bis heute sehr zentral. Das ist gut so, denn wir wollen, dass diese Plätze leben. Niemand hat damit ein Problem, schon gar nicht die jüdischen Gemeinden. Sie haben nicht einmal grundsätzlich etwas dagegen, dass Menschen diese Plätze nutzen, um zu demonstrieren. Doch klar muss auch sein: Das sind nicht irgendwelche Plätze. Es sind und bleiben Orte der Erinnerung. Und wer diese Erinnerung verächtlich machen will, der wird auf unseren entschiedenen Widerstand stoßen. Mit dieser fraktionsübergreifenden Initiative schützen wir das Andenken nicht nur vor den Feinden der Erinnerung, sondern auch vor den Feinden der Demokratie.“

Der Vorsitzende der FDP/DVP-Fraktion, Dr. Hans-Ulrich Rülke, sagt dazu auch mit Blick auf die Situation in Pforzheim: „Der Kampf gegen alle Formen des Extremismus eint die demokratischen Fraktionen, dies trotz der Differenzen im politischen Alltag. Für Antisemitismus und Israelfeindlichkeit ist in unserer Gesellschaft kein Platz, das machen wir mit diesem Antrag noch einmal unmissverständlich deutlich. Mit der heutigen Entschließung bekräftigen wir bei diesem wichtigen Thema den gesellschaftlichen Zusammenhalt und wollen die Kommunen künftig in die Lage versetzen, auf antiisraelische und judenfeindliche Versammlungen angemessen reagieren und gerade jüdische Erinnerungs- und Begegnungsorte besonders schützen zu können. Es ist erfreulich, dass beispielsweise die Stadt Pforzheim nun die Möglichkeit erhält, Aufmärsche auf dem Platz der Synagoge in Pforzheim zu unterbinden.“

 

Der Link zum Entschließungsantrag:

https://www.landtag-bw.de/files/live/sites/LTBW/files/dokumente/WP17/Drucksachen/4000/17_4339_D.pdf

Wir können es uns nicht länger leisten, dass unsere Unternehmen weltweit in der Champions League spielen, unser Land bei Bildungsgerechtigkeit und Bildungsqualität aber schwer abstiegsgefährdet ist.


Zur Haushaltsdebatte bzgl. des Kultushaushalts im Landtag von Baden-Württemberg, sagt der bildungspolitische Sprecher der FDP/DVP-Fraktion, Dr. Timm Kern:

 

„‚Unser Ziel ist Bildungsgerechtigkeit‘ – so lauten die ersten Worte in den politischen Zielen der Landesregierung zum Kultushaushalt. Weiterhin steht im Koalitionsvertrag von Grün-Schwarz: ‚Wir werden in der kommenden Legislatur den Fokus auf den Ausbau der Qualität setzen‘. Schaut man sich allerdings Bildungsrankings an, stellen sich diese Worte als hohle Werbeslogans heraus. Das Dynamikranking des INSM-Bildungsmonitors 2022 sieht Baden-Württembergs Schulentwicklung der letzten zehn Jahre im Gesamtranking auf Platz 14. Dabei belegt unser Land bei Bildungsarmut und Schulqualität jeweils Platz 15 und bei Internationalisierung Platz 16 – den letzten Platz aller Bundesländer! Laut Vera 8 erfüllen fast ein Drittel der Schülerinnen und Schüler die Mindeststandards für den mittleren Bildungsabschluss in Mathematik und rund ein Fünftel in Rechtschreibung nicht. Gerade an den Gemeinschaftsschulen schnitten hierbei die Schülerinnen und Schüler schlechter ab als vergleichbare Schülerinnen und Schüler an Haupt-, Werkreal- und Realschulen. Das ist die traurige Realität der Kretschmann’schen Bildungspolitik der letzten elf Jahre.

 

Man kann zwei Fakten festhalten: Erstens ist Bildungsgerechtigkeit bei Grün-Schwarz nichts Anderes als ein hohler Werbeslogan. Zweitens geht es mit der Bildungsqualität im Land in galoppierender Geschwindigkeit bergab. Doch wie reagiert Grün-Schwarz auf die alarmierenden Zahlen? Der Ministerpräsident kommt nach seinem Kabinettsabend, der sich mit den bereits offenkundigen Problemen befasste, zu dem Ergebnis, dass es in der Bildungspolitik zukünftig mehr Evidenzbasierung brauche. Damit gibt der Ministerpräsident zu, dass man sich bei den bildungspolitischen Entscheidungen und Vorhaben der letzten 11 Jahre offensichtlich nicht um die konkreten Wirkungen und Folgen gekümmert habe. Das ist eine Bankrotterklärung seiner bisherigen bildungspolitischen Verantwortung durch den Ministerpräsidenten höchst selbst!

 

Nicht nur wegen der Schulpflicht ist das Land jungen Menschen gegenüber verpflichtet, möglichst optimale Bildungsvoraussetzungen zur Verfügung zu stellen. Bildungsgerechtigkeit und Bildungsqualität sind hierfür die entscheidenden Werte. Wir können es uns nicht länger leisten, dass unsere Unternehmen weltweit in der Champions League spielen, unser Land bei Bildungsgerechtigkeit und Bildungsqualität aber schwer abstiegsgefährdet ist. Wir Freie Demokraten jedenfalls werden uns unermüdlich dafür einsetzen, dass sowohl Bildungsgerechtigkeit als auch Bildungsqualität nicht nur leere Worthülsen und schicke Überschriften bleiben, sondern mit Leben gefüllt und Realität an den Schulen im Land werden.“

 

Hinterkopf eines Mannes mit Kippa in Fußgängerzone

Im Rahmen der Haushaltsberatungen haben die Fraktionen von SPD und FDP/DVP einen gemeinsamen Änderungsantrag eingebracht, mit dem die Mittel für den Antisemitismusbeauftragten auf insgesamt 150.000 Euro erhöht werden sollen.

Andreas Stoch: „Geschlossen für eine finanzielle Stärkung im Kampf gegen Antisemitismus!“

Dr. Hans-Ulrich Rülke: „Sparen an dieser Stelle ist mehr als unangebracht!“

SPD-Fraktionschef Andreas Stoch begründet den Antrag wie folgt:

 

„In einer Zeit, in der im Wochentakt Mitbürgerinnen und Mitbürger jüdischen Glaubens beleidigt oder sogar körperlich attackiert und Synagogen angegriffen werden, ist es besonders wichtig, die Arbeit gegen Antisemitismus zu stärken. Die demokratischen Fraktionen im Landtag haben sich im Jahr 2018 fraktionsübergreifend auf die Berufung eines Antisemitismusbeauftragten geeinigt. Damit er seine Arbeit machen kann, braucht er eine angemessene Ausstattung. Andernfalls bleibt es bei Versprechungen und warmen Worten, wie wir es leider von der Landesregierung in der Vergangenheit immer wieder erleben mussten. Alle Demokratinnen und Demokraten sollten sich daher geschlossen für eine finanzielle Stärkung im Kampf gegen Antisemitismus und Vorurteile aussprechen. Deshalb fordern wir eine notwendige Erhöhung des Etats um 50%.“

 

Der Fraktionsvorsitzende der FDP/DVP-Fraktion, Dr. Hans-Ulrich Rülke, ergänzt mit Blick auf das ursprüngliche Vorhaben der Landesregierung, die Mittel für den Antisemitismusbeauftragten um 10.000 Euro kürzen:

 

„In Anbetracht zunehmender Hasskriminalität und antisemitischer Straftaten ist es völlig unverständlich, dass der Etat des Antisemitismusbeauftragten gekürzt werden sollte. Der ursprüngliche Plan von Grün-Schwarz würde einer deutlichen Schwächung der Arbeit und des Amtes gleichkommen. Verständlicher Weise sorgte das für einen Sturm der Empörung. Nur deshalb sieht die Landesregierung davon im Nachhinein wieder ab. Besonders Innenminister Strobl tönt immer laut, er würde sich der wachsenden Hasskriminalität und antisemitischer Übergriffe entgegenstellen, wenn es darauf ankommt, wird dann ausgerechnet dort gespart. Das ist mehr als unangebracht!“

Dr. Timm Kern

Kultusministerin darf sich nicht aus der Verantwortung stehlen und muss Stellung beziehen.


Zur Meldung, dass der liberale Islamwissenschaftler Abdel-Hakim Ourghi möglicherweise nicht länger Islamlehrer ausbilden darf und sich gegen das Lehrverbot wehren will, sagte der religions- und schulpolitische Sprecher der FDP/DVP Fraktion, Dr. Timm Kern:

„Die Verweigerung der Lehrerlaubnis halte ich für ein unwürdiges Schauspiel. Wir sollten doch geeint sein im dem Interesse, Hinterhof-Imamen und Hasspredigern in Baden-Württemberg das Gehör zu entziehen. Dafür brauchen wir Lehrkräfte für den islamischen Religionsunterricht, die einen aufgeklärten Islam lehren, der mit unserer Verfassung vereinbar ist. Bei der Ausbildung genau dieser Lehrkräfte leistet der liberale Islamwissenschaftler in Freiburg einen unabdingbaren Beitrag, ebenso wie sein ebenfalls betroffener Kollege an der Pädagogischen Hochschule Weingarten. Die Kultusministerin darf sich nun nicht aus der Verantwortung stehlen. Deshalb frage ich mit einem Antrag an die Landesregierung nach, wie sie die Freiheit der Lehre sicherzustellen gedenkt und wie sich die Ansichten der konservativen Islamverbände mit einem modernen, aufgeklärten und vom Ausland unabhängigen Islam als Grundlage für die Imamausbildung in Baden-Württemberg vertragen.

Der privilegierte Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts gilt nicht bis in alle Ewigkeit


Die FDP/DVP Fraktion bat das Kultusministerium in mehreren parlamentarischen Initiativen um Auskunft, ob die Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas die Voraussetzungen einer Körperschaft des öffentlichen Rechts erfüllt. Dieser Status berechtigt unter anderem zum Steuereinzug bei eigenen Mitgliedern und dazu, eigenes Binnenrecht zu schaffen, etwa beim Arbeits- oder Sozialrecht. Nach mehreren Rechtsstreitigkeiten haben die Zeugen Jehovas in sämtlichen Bundesländern diesen Status erhalten, in Baden-Württemberg seit 2015.

 

Der stellvertretende Vorsitzende der FDP/DVP Fraktion und deren religionspolitischer Sprecher Dr. Timm Kern mahnt das Kultusministerium dennoch, „kritischer und konsequenter als bislang“ zu überprüfen, ob die Voraussetzungen dafür bestehen. Nach ständiger Rechtsprechung müsse sich eine Körperschaft rechtstreu zu den Werten des Grundgesetzes verhalten. „Auf unser beharrliches Nachfragen hin räumt das Kultusministerium nun ein, dass das Verhindern von lebensnotwendigen Bluttransfusionsmaßnahmen bei Kindern sowie die Anstiftung zur familiären Ächtung und Isolation von ehemaligen Mitgliedern sehr wohl Gründe dafür sind, eine Rechtstreue der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas zu verneinen. Gerade von ehemaligen Mitglieder gibt es zahlreiche Berichte und Hinweise für derartige Vorgänge. Das Kultusministerium muss diesen entschlossener als bislang nachgehen“, fordert Dr. Kern.

 

Die Religionsfreiheit der Mitglieder werde natürlich nicht in Frage gestellt. „Wer aber vom Staat gewisse Privilegien erhält, muss sich im Gegenzug auch rechtstreu verhalten.“ Dr. Kern wird in der kommenden Sitzung des Ausschusses für Kultus, Jugend und Sport von Ministerin Eisenmann eine genaue Auskunft verlangen, wie die Religionsgemeinschaft überprüft wird und inwieweit Hinweisen von ehemaligen Mitgliedern nachgegangen wird. „Wir werden es nicht hinnehmen, dass das Kultusministerium sich einen schlanken Fuß macht und unangenehmen aber notwendigen Aufgaben aus dem Weg geht. Der privilegierte Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts gilt jedenfalls nicht bis in alle Ewigkeit.“

Wir wollen ein vielfältiges jüdisches Leben in Baden-Württemberg


Der Vorsitzende der FDP/DVP Fraktion Dr. Hans-Ulrich Rülke erklärt, warum er als Gründungsmitglied beim Verein engagiert ist:

„Leider ist auch in unserer heutigen Zeit der Antisemitismus allgegenwärtig. Die Gesellschaft und die Politik sind daher im Einsatz gegen Antisemitismus gefordert. Angesichts unserer Geschichte tragen wir eine besondere Verantwortung. Es ist beschämend, wenn Menschen aus Sorge um ihre Sicherheit nicht mit einer Kippa in der Öffentlichkeit unterwegs sind. Ich engagiere mich in dem Verein, damit es in Baden-Württemberg weiterhin ein vielfältiges jüdisches Leben gibt.

Neben der Aufgabe, die Sicherheit für jüdische Einrichtungen zu gewährleisten, muss die Politik Aufklärung betreiben, damit antisemitisches Gedankengut gar nicht erst entsteht. Der Antisemitismusbeauftragte der Landesregierung Michael Blume führt in seinem Bericht aus, dass der Antisemitismus in der Gesellschaft wieder zunimmt. Es ist dabei wichtig, alle Arten von Antisemitismus zu bekämpfen – ganz egal ob dieser eine rechtsextreme, islamistische oder israelfeindliche Ausprägung hat. Erst jüngst erreichte die AfD-Fraktion mit der Einladung von Björn Höcke zu ihrem Neujahrsempfang einen neuerlichen Tiefpunkt. Der Einsatz gegen den Antisemitismus ist wichtiger denn je.“

Zur angekündigten Reaktion der Universität Tübingen, nach Vorwürfen in den vergangenen Monaten in ihrem Zentrum für Islamischen Theologie mithilfe der Erarbeitung von Leitlinien stärker darauf zu achten, radikalen islamistischen Kräften kein Podium zu bieten, sagt der hochschulpolitische Sprecher der FDP/DVP Fraktion, Stephen Brauer:

„Bei der Ausbildung der Lehrer für islamische Theologie an einer Hochschule im Land dürfen wir nicht den leisesten Verdacht zulassen, dass radikalislamische und fundamentalistische Kräfte Einfluss auf die Ausbildung nehmen könnten. Wer die Praktiken der Muslimbruderschaft kennt oder im Verfassungsschutzbericht nachliest, der weiß, dass die teilweise schwer erkennbaren Vernetzungen der radikalislamischen Organisationen zur Vorsicht mahnen, wenn man schädliche Einflüsse auf die Lehre einer kritischen, aufgeklärten Theologie vermeiden will. Ich sehe die Verantwortung bei Wissenschaftsministerin Bauer, die Hochschulen im Land in diesem Thema weiter zu sensibilisieren und weitere organisatorische Vorsorge zu treffen, dass der Austausch mit dem Verfassungsschutz an den Hochschulen gelingt. Es kann doch nicht sein, dass die Umtriebe der Muslimbruderschaft beim Verfassungsschutz jahrelang dokumentiert werden, die Hochschulen jedoch nicht hinreichend intensiv darauf geachtet haben, dass die Distanz der Hochschullehre zu radikalislamischen Umtrieben sicher gewahrt bleibt.“

Freundlich empfing die Alevitische Gemeinde in Villingen-Schwenningen die Delegation der FDP, die am Dienstagvormittag deren Räumlichkeiten besuchte. Aus dem Landtag kamen gleich drei liberale Abgeordnete, die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Timm Kern und Andreas Glück sowie der innenpolitische Sprecher und ehemalige Justizminister Ulrich Goll.

Das Gespräch fand in offener Atmosphäre mit namhaften Vorstandsmitgliedern der alevitischen Gemeinde statt, darunter die Stadträtin Elif Cangür, Bünyamin Toy und Ali Bal. „Wir wissen, dass die Aleviten ein Musterbeispiel an Integration sind“, sagte Andreas Glück gleich zu Beginn des Gesprächs. Themen gab es viele zu besprechen, denn die Frage der Muslime in der Gesellschaft beschäftigt die Politik momentan vielfältig. Es zeigte sich, dass in vielen wichtigen Bereichen wie Freiheitsrechte, Akzeptanz und Gleichberechtigung die Aleviten mit dem liberalen Gesellschaftsentwurf übereinstimmen.

Dennoch bestand nicht zuletzt aufgrund der momentanen Entwicklungen in der Türkei ein erheblicher Gesprächsbedarf. Die autoritäre Haltung der derzeitigen türkischen Staatsführung und die Gefahren eines fanatischen Islamismus auch für die deutsche Gesellschaft bestimmen momentan große Teile der politischen Agenda. Von Seiten der FDP stellte der Abgeordnete Timm Kern, der auch bildungs- und religionspolitischer Sprecher seiner Fraktion ist, klar, dass die Werte einer offenen Gesellschaft von niemandem in Frage gestellt werden dürften. „Wir begrüßen sehr den Dialog mit der alevitischen Gemeinde. Das Gespräch ist Grundlage einer friedlichen und offenen Gesellschaft“, so Kern. Zur Vermeidung von abgekapselten Parallelgesellschaften sahen die FDP-Abgeordneten die Bildung als Schlüssel. „Die Modellprojekte eines islamischen Religionsunterrichts mit in Deutschland ausgebildeten Theologen in deutscher Sprache und unter deutscher Schulaufsicht  zeigen, in welche Richtung es gehen kann. Sie ermutigen uns sehr,  dieses Anliegen in der Landespolitik weiterzutragen“, zeigte sich Kern zufrieden mit dem Gesprächsverlauf.

Zur Aktuellen Debatte im Landtag „Der Islam gehört zu Baden-Württemberg“ sagt der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Dr. Hans-Ulrich Rülke:

„Eine Debatte über den Islam lässt sich nicht auf einen plakativen Satz verengen. Vielmehr halte ich es für gefährlich, wenn die grüne Landtagsfraktion mit einer einschichtigen Debatte den selbstverständlichen Konsens im Parlament in Frage stellt, der unsere tolerante und weltoffene Gesellschaft in Baden-Württemberg repräsentiert. Denn für eine parteipolitische Instrumentalisierung, um dem politischen Gegner zu schaden, ist dieses Thema gänzlich ungeeignet.

Es ist eben nicht möglich, pauschal den Islam zu Baden-Württemberg gehörig zu nennen. Der Islamische Staat, Hassprediger und die Scharia gehören nämlich sicher nicht zum Land. Aber diese radikalen Strömungen machen glücklicherweise nur einen sehr kleinen Teil der Muslime aus, die bei uns im Land auf dem Boden von Recht und Gesetz willkommen sind.“

 

Kampagnen

Hinterkopf eines Mannes mit Kippa in Fußgängerzone

Nach dem Brandanschlag auf die Ulmer Synagoge haben wir einen gemeinsamen Entschließungsantrag mit der SPD- Fraktion, CDU- Fraktion und Fraktion GRÜNE eingebracht, der sicherstellt, dass der Kampf gegen Antisemitismus entschieden und entschlossen fortgeführt wird.


Rede von Fraktionsvorsitzenden Dr. Hans-Ulrich Rülke zur Plenardebatte “Sicheres jüdisches Leben in Baden-Württemberg – gemeinsam und geschlossen gegen Antisemitismus”


Der feige und widerwärtige Anschlag galt nicht nur Jüdinnen und Juden, sondern allen Menschen, die ein freies und offenes Deutschland wollen. Wer im Jahr 2021 Synagogen in Brand setzt, muss die volle Härte und Entschlossenheit unseres Rechtsstaats zu spüren bekommen. Es müssen alle verfügbaren Ressourcen mobilisiert werden, um die Tat aufzuklären.

Die judenfeindlichen Ausschreitungen bei Demonstrationen in den letzten Wochen haben deutlich gemacht, dass der Antisemitismus nicht nur im rechtsextremen Gewand daherkommt, sondern bisweilen auch islamistisch und linksextrem. Auch wer dem Staat Israel die Daseinsberechtigung abspricht, handelt antisemitisch.

Gesellschaft und Politik sind im Kampf gegen den Antisemitismus verstärkt gefordert, denn die hässliche Fratze des Antisemitismus erhebt ihr Haupt wieder stärker in Deutschland als wir uns dies vor Jahren noch vorstellen konnten. Neben der Aufgabe, die Sicherheit für jüdische Einrichtungen zu gewährleisten, muss die Politik Aufklärung betreiben, damit antisemitisches Gedankengut gar nicht erst entsteht.


Im Austausch mit Dr. Michael Blume (Antisemitismusbeauftragter des Landes Baden-Württemberg), Shneur Trebnik (Ortsrabbiner für Ulm), David Hollenstat (Repräsentant der Israelitischen Religionsgemeinschaft BW) und Rami Suliman (Vorsitzender Israelitische Religionsgemeinschaft Baden)